Ich war noch nie ein Cliquen-Mensch. Aber auch kein Einzelgänger. Ich hab’s nur nicht so mit Gruppen und ihrer Dynamik oder auch ihrem Zwang. Lieber sind mir intensive Beziehungen und Treffen mit einzelnen Menschen. Alles zwischen 4-6 Personen auf einen Haufen geht auch noch – in einer überschaubaren Zeitspanne. Weil das so ist war ich wohl nie in einer Clique, die sich regelmäßig irgendwo traf um zu rauchen, zu trinken, lichtscheue Dinge zu planen oder pubertäre Handlungen gegenseitig an sich vorzunehmen. Aus Erzählungen von Cliquen-Menschen weiß ich, dass sie sich abends an Bank X im Park Y verabredeten. Oder nach der Schule immer hinter der Turnhalle. Oder auf dem Friedhof an der großen Gruft, in der man sich verstecken kann, wenn man den Geheimgriff fürs eiserne Tor kennt. Solche festen Treffpunkte hatte ich lange nicht. Erst im Studium in Leipzig war es dann soweit – es waren allerdings keine verborgenen Schlupfwinkel, sondern *ähem* eher Stammlokale wie das „Beyerhaus“ (die verratzte Kneipe oben, nicht unten der Keller, der war damals wahrscheinlich noch verschüttet) oder der kleine Irish Pub „Black Label“ in Leipzig Connewitz. Auch in der Moritzbastei war ich sehr gern und saß da immer an einem bestimmten Platz in der Veranstaltungstonne in der Nähe der Bühne, von dem aus ich gut alles beobachten konnte, was so hinein-, heraus- oder auf die Tanzfläche kreuchte und fleuchte.
Heute ist mein Lieblingsplatz ein kleines Café, in dem ich öfters am Samstag (vor)mittag den leckersten Latte Macchiato von ganz Mainz trinke. Da habe und nehme ich mir mal Zeit für mich, lese gern das kostenlose Stadtmagazin „Sensor„, schreibe – voll retro – tatsächlich die ein oder andere Postkarte oder treffe mich mit Freunden.
Natürlich ist auch mein Blog-Futon ein echter Lieblingsplatz, auf dem ich genau das mache, was der Name schon sagt. Diesen Artikel hier schreiben. Oder online mit Leuten socializen, wie man auf neudeutsch sagt. Oder auch mal umkippen und in der stabilen Seitenlage einen Film schauen. Gut unterfüttert von mehreren bequemen Kissen. Dekadent! Dazu ein guter Whisky, Rotwein oder Tee… aber ich schweife ab, denn eigentlich geht es beim heutigen englischen Begriff um genau solche Lieblingsplätze. Das habt ihr euch jetzt aber bestimmt auch schon gedacht.
Lesson 5:
(old) haunts
haunt (Substantiv) = ein häufig besuchter Ort, Lieblingsplatz, Stammlokal, Treffpunkt, Schlupfwinkel
to revisit one’s old haunts = seine alten Lieblingsplätze aufsuchen
„A place that is frequently visited“ könnte man auch beschreiben als „It is an old haunt of hers/him“.
Wenn Engländer etwas häufig besuchen, sagen sie dazu auch „to haunt something“, z.B. „She haunted the movie theaters.“ Wer immer an den selben Ort in den Urlaub fährt, der hat einen „holiday haunt“. Das Verb to haunt drückt ja ebenfalls aus, dass Jemand oder Etwas einen bestimmten Lieblingsort immer wieder aufs Neue be- oder besser gesagt heimsucht > das haunted house oder der haunted place. Im Substantiv verliert „haunt“ im wahrsten Sinne des Wortes seinen Schrecken, denn es ist durchgehend positiv besetzt. Lieblingsplätze, Stammlokale oder Treffpunkte wären keine, wenn wir uns dort nicht gern aufhalten oder an diese zurückkehren würden.
Das Wort haunt aus dem 13. Jahrhundert wurde ursprünglich nur als Verb genutzt, mit dem man ausdrückte, dass man einen Ort häufig besucht. Es stammt aus dem Altfranzösischen – vom Begriff „hanter“, was ebenfalls „frequentieren, vertraut sein mit etwas“ bedeutet. Es dauert nicht lange und das Wort wurde auch als Substantiv für eben jenen häufig besuchten Ort benutzt.
Wichtig ist: A haunt is a place where one socializes. (Old) haunt wird nur für einen (alten) Lieblingsort verwendet, an dem man sich mit anderen Menschen bewusst und gern trifft, das kann ein Pub, ein Restaurant, der gemeinsame Cliquen-Treffpunkt von früher oder eine Disco sein. Das Büro oder das Wartezimmer beim Zahnarzt sind keine haunts. Demnach dürfte ich mein Blog-Futon auch nicht als haunt bezeichnen. Es sei denn, ich socialize darauf. Und das kann schon mal vorkommen – online wie offline. 😀
Jetzt bin ich natürlich neugierig, was eure (old) haunts sind?? Lasst wissen!
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Noch mehr gruftiges Englisch gefällig?
8 Kommentare zu „Englisch für Grufties: (old) haunt“
Wir haben ein mittlerweile ungebräuchliches Wort das eventuell den gleichen Stamm hat: „Hort“ wurde ja mal ähnlich genutzt in seiner Bedeutung für „Zufluchtsort“.
Im französischen wird hantere zwar als heimsuchung genutzt, ist aber im Ursprung kein französiches Wort. (Verrät das „h“ am Anfang)
hantere ist eigentlich aus dem altniederländischen hanteren. Das sich im deutschen weiterentwickelt hat zu handeln (Im Gebrauch von „einen Handel betreiben“)
Ich empfehle etwas Lekture von Edgar A. Poe…auf englisch natürlich…als Gute Nacht Geschichten sehr empfehlenswert. 😉
dF
Amüsanter Artikel. 🙂 Ansonsten kann ich nur sehr empfehlen, englische Kinofilme logischer-weise auch im O-Ton zu schauen – dt. Übersetzungen sind oftmals sehr viel mehr als grottig, vorallem hören sich diese immerzu „falsch“ an – da es ja niemals die Originalstimme der Schauspieler ist…und Arena Synchron & Konsorten geht mal gar nicht…gebe ich mir alles seit 95 nicht mehr bereits. 🙂
Was Menschenansammlungen betrifft: no-way, absolut. Live Konzerte sind in den Umbauphasen sowie in jenen Minuten bis der Gig endlich los geht teilweise unerträglich, mir einfach zuviele Menschen auf einem Haufen…einige wenige Leute um mich herum sind gerade noch okay, am Liebsten gehe ich meinen Hobbies nach, wo ich zum Glück keine andere Seele neben mir brauche… :o)
~dF~
Amüsant? Das hatte ich jetzt gar nicht so geplant.
Es stimmt, Filme sind im Original immer am besten und man kann manchmal Samples wiederentdecken (z.B. von Hitchcock-Filmen, bei denen sich vor allem Skinny Puppy gut ‚bedient‘ haben), außerdem lernt man dadurch. Dennoch ist es mir manchmal einfach zu anstrengend. Ist ja auch Arbeit fürs Hirn, wenn man kein native speaker ist und beim Filmgucken will ich vor allem abschalten. Nicht immer, aber schon oft. Was meinst Du mit „Arena Synchron“? Den Begriff kenne ich nicht.
Menschenansammlungen kann ich gut verstehen, dass man das nicht mag. Ich hab nicht so das große Problem damit, aber ich brauche es auch wirklich nicht. Bahnfahren ist auch schon nicht soooo doll und der absolute Horror sind überfüllte Weihnachtsmärkte.
Tatsächlich! Ich habe erst nochmal die Übersetzerseite Beolingus gefragt was haunt so alles heißt. Bei diesem schönen Wort fällt mir stets ein Kommentar in einer Musikzeitschrift bezüglich der Gruppe ELEND ein: „The music takes you from the depths of despair and haunting darkness, to the fiery pits of hell and torture.“ In diesem Zusammenhang war ‚haunt‘ für mich klar und eindeutig festgelegt. Nun scheint mir, es könnte glatt ein gruftiges Wortspiel daraus werden: Düster & gespenstisch bedeutet vertrauter Lieblingsplatz ? Das “Black Label” in Leipzig Connewitz war lange Zeit auch mein Lieblingsplatz wenn ich in Leipzig war ! Vor allem oben auf der Galerie an der Nähmaschine. *’lach* Ja da war einer der winzigen Tische (die man so dicht unter der Decke nur gebückt ereichte) in Wirklichkeit eine Nähmaschine. Man konnte zu viert in dieser Ecke sitzen, und das war dann echt heimelig. Weil man die Ecke von unten fast nicht sehen konnte war das eigentlich ein verborgenen Schlupfwinkel am Lieblingsort. Genau dort pflegte ich Umgang (to socialize with sb.), und manche lange Nacht dort, mit besonderen Menschen, zählt zu meinen kostbaren Lebenserinnerungen.
jop bin auch überrascht über die tiefere Bedeutung des haunts 😀
hm als cyberpunker bin ich wohl überwiegend online zu treffen, wenn auch unter pseudonym und so, war ne Zeitlang im Day[9] häufiger, heute eher bei Bastrade zu finden, oder gewisse Spielerpersöhnlichkeiten wie Temp0, QueenE und LiviBee, alles in allem StarCraft2 Streamer auf Twitch, socialized wird dann im Chat, wenn man den einen oder anderen Zuschauer von anderen Chats wiederfindet 😀
Aber nur wenn nich grad selber am spielen bin aber da SC2 eher gegeneinader gespielt wird ist im Match eher wenig mit netten Unterhaltung, es kommt da eher zum Austauschen anderer Argumente 🙂
in weiterer Fassung trifft das ja wohl zu, auch wenn der Chat keine physische Komponente aufweist, aber William Gibson lag nicht falsch mit seiner Vision des Internets, auch wenn zu Zeiten als er Neuroimancer veröffentlichte (1984! ) Computernutzung wie wir es heute praktizieren undenkbar war, da die Entwicklung und Verbreitung noch in den Anfängen steckte, als er schrieb : „Cyberspace. A consensual hallucination experienced daily by billions of legitimate operators, in every nation … “
so und mit Okulus Rift und diversen anderen Gimmicks ist zumindest die Möglichkeit gegeben das wir das Internet irgendwann so sehen wie Johnny Mnemonic im gleichnamigen Film, bin schon auf der Suche nach nen OnoSendai 7 😀
@solitary_core: Richtig, Du und Deine Online-Spielhöllen sind der lebende Beweis dafür, dass es in unserer Zeit sogar „Internet haunts“ gibt. 😉 So hab ich das noch gar nicht gesehen! Na klar, wir socializen ja auch ausreichend im Web und für viele Spiele verabredet und trifft man sich ja online. Eine physische Komponente ist für einen „haunt“ keine zwingende Voraussetzung – eine „consensual hallucination“ reicht völlig. Danke Dir für die echt gute Anregung!
@Schwarzer Nieswurz: An den Tisch mit der Nähmaschine im Black Label kann ich mich auch noch erinnern, auch wenn ich zumeist unten saß. Aber den hat man ja von da gesehen. Schade, dass es mit dem Black Label in der alten Form vorbei ist. Wirklich. Aber Erinnerungen haben den Charme, dass sie immer noch besser werden je mehr Zeit dazwischenliegt.
Übrigens gut, dass Du noch mal nachgeprüft hast, ob das auch stimmt, was ich hier so vor mich hinschreibe… 😛
Soso, wieder ein aufschlußreicher Artikel der Planetenkönigin. Mit ‚haunt‘ habe ich bisher nur das Spukhaus, das ‚haunted house‘ in Verbindung gebracht. Wieder was gelernt 🙂
Vielen Dank und willkommen zurück, liebe Shan!