Dunkle Rituale in Frankreich

Les Nuits Dark Ritual 2015

Rosa Crux, zu Gast: Sieben

Wenn die zwei Adjektive „französisch und düster“ zusammen kommen, kann es schnell extrem morbide werden. Erst recht, wenn alles auch noch in Frankreich stattfindet – in Form eines dunklen Rituals, organisiert von der französischen Ausnahmeband Rosa Crux. Wir zogen uns warm an – im positiven Sinne – aber noch nicht warm genug.

Es war bereits die 5. Ausgabe des Les Nuits Dark Ritual. Vier Rituale sind unbemerkt an meinem schwarzen Radar vorbeigezogen, obwohl ich großer Rosa Crux Fan bin, seit ich sie ‚aus Versehen‘ beim WGT 2006 entdeckt habe. Rosa Crux ist schon eine ältere Band, 1984 in Rouen gegründet, jedoch jung im Vergleich zu ihrer archaisch wirkenden mystischen Musik, in denen sie alte lateinische Texte vertonen. Diese drehen sich meist um Hexerei: es sind Hexenflüche, Beschwörungen oder Liturgien, die früher bei Hexenverbrennungen rezitiert und repetiert wurden. Aus der Faszination für Hexerei und dunkle Magie heraus, die Olivier Tarabo und Claude Feeny während ihres Studium an der Akademie der schönen Künste in Rouen entdeckten, gründeten sie die Band. Rosa Crux bezeichnen ihre Musik als „Dark Ritual“, der aus meiner Sicht Dark Folk, Martial Industrial, Mittelalter und Neoklassik zu einem einzigartigen, sehr düsteren Gemisch vereint, aber die volle Wirkung erst mit ihrer Bühnenperformance entfaltet. Live zelebrieren Rosa Crux eine all umfassende Atmosphäre des Sakralen, Alten und Morbiden. Erhaben und mystisch: mit Glockenbaum und Kerzenbaum auf der Bühne, von Geisterhand schlagenden Trommeln, Fahnenschwenkern, düsteren Videos, Kunstinstallationen aus Metall und Feuer sowie dem unvergesslichen „Erdentanz“.

Auf nach Frankreich!

Dark Ritual am 1. August 2015 also. André, ein guter Freund von uns, entdeckte es…

>It is the Rosa event you should not miss. This is the occasion when we show ourselves from our most complete side.
(Olivier Tarabo im Interview mit dem @Peek-a-boo-Magazine)

…und so machten wir uns am 31. Juli 2015 zu dritt auf ins kleine Thoix (gesprochen: Toé), einer 140 Seelen-Gemeinde in der Picardie im Norden von Frankreich. Die nächstgrößere bekannte Stadt dürfte Amiens sein. In Thoix gibt es ein altes Chateau aus dem 16. Jhd (umgebaut im 19. Jhd). Auf dem Schlossgelände fand das Dark Ritual statt, denn Olivier Tarabo ist gut befreundet mit dem Schlossherrn. (Liebe Schlossherren unter meinen Lesern – bitte meldet euch!). Jener äußerst sympathische Schlossherr, dem ich mehrfach begegnete und mich mit seinem ebenfalls sympathischem Schlosshund Cartouche anfreundete, ist gleichzeitig Bürgermeister von Thoix und gab Rosa Crux freie Hand für den Auftritt, die Nutzung des Geländes und das Festival. Da war klar, dass R+C alles rauslassen, was drinsteckt!

chateau-thoix

Leider stand „Französisch lernen“ in meiner Aufzuchtphase nicht auf dem Stundenplan. So beschränkt es sich auf wenige Überlebens-, Gruß- und Höflichkeitsfloskeln sowie ein paar für den Alltag völlig unbrauchbare Songzeilen. Bei meinen zwei Begleitern sah es ebenfalls finster aus. Bereits die Online Registrierung für das Event als auch die Kartenbestellung sorgten für Turbulenzen. Trotz oder gerade wegen Google Translate. Mit jeder Übersetzung vom Französischen ins Deutsche fühlte man sich dem Irrenhaus ein Stück näher, aber hat dabei herzlich gelacht.

franzoesisch-sprachfuehrer-marco-poloDa dachte ich: gute Vorbereitung kann nicht schaden. So schwangen wir uns während der 6-stündigen Autofahrt mit meinem „Sprachführer Französisch“ schon mal ein. Das artete in größten Blödsinn aus, erst recht als bereits im 1. Kapitel „Wie man Freunde gewinnt“ nach der Begrüßung, Bitte, Danke, Entschuldigung direkt zu Verabredung/Flirt übergegangen wird a la „Du hast wunderschöne Augen. Ich möchte mit Dir schlafen. Aber nur mit Kondom!“ Sprach das jetzt für den Sprachführer? Wir lernten auch etwas Jugendsprache, wie „terrible! mortel!“. Und erfuhren, dass „Salut!“ nicht mit dem deutschen „Hallo“ gleichzusetzen ist, was man ja schnell mal zu Fremden sagt. Nein, mit „Salut“ werden nur gute Bekannte und Freunde begrüßt. In unserer Vorfreude auf die freundlichen Franzothics von Thoix überlegten wir das vorgeschriebene Protokoll zu überspringen und direkt bei unserer Ankunft auf dem Campingplatz die Autoscheiben herunterzulassen und alle Anwesenden laut mit „Salut! Salut! Salut!“ zu begrüßen. Trauten wir uns dann aber doch nicht…

Zeltplatz für schwarze Schafe - am Samstagmorgen
Zeltplatz für schwarze Schafe – am Samstagmorgen

Ging auch gar nicht. Denn der Campingplatz war nicht mit dem Auto zugänglich und der Parkplatz befand sich vor dem Schlossgelände im (etwas freigeräumten) Wald. Von dort mussten wir unsere Sachen am Schloss und der Rosa Crux Bühne vorbei zur dahinterliegenden Schlosswiese tragen, die an den anderen 363 Tagen im Jahr als Schafswiese genutzt wurde. Die weißen Schafe hatte der Schlossherr zugunsten der schwarzen, zeltenden Schafe in den Hintergrund umgesiedelt. Als wir am Freitagabend hier ankamen, war noch jede Menge Platz für Zelte. Es waren aber auch noch nicht allzu viele Besucher da, vielleicht so maximal 80 Leute.

Für das Festival waren 500 Gäste zugelassen und es gab noch 50 Tickets an der Abendkasse. Aber 450 Besucher waren es auf keinen Fall, auch nicht am Samstag. Ich würde sagen, insgesamt waren höchstens 350 Leute anwesend. So hielt sich die sehr familiäre Atmosphäre, die sich gleich bei der Ankunft über uns legte, das ganze Wochenende. Die Festivalbesucher kamen fast alle aus Frankreich oder Belgien, noch nicht mal drei Handvoll aus Deutschland – uns schon mitgerechnet.

Jeden, auch die Bandmitglieder, traf man irgendwann einmal im „Schlossbad“, das zwei große, schicke Waschbecken und drei Toiletten (die  vanillig beduftet und romantisch beleuchtet wurden) bereithielt. Ich hätte es nicht geglaubt, aber das reichte an sanitären Anlagen völlig aus für ALLE Besucher übers Wochenende, ohne dass es auf irgendeine Art unangenehm wurde.

 

chateau-thoix-schlossparkÜberhaupt waren das Schloss und der Schlosshof, auf dem sich die Verpflegungszelte und Marktstände (ca. 8 an der Zahl) befanden, kleiner als ich mir das vorgestellt hatte. Aber das machte nichts. So war alles nah beieinander. Außerdem hat das Chateau Thoix einen verzauberten Charme, vermutlich durch die wunderbaren alten Bäume, kleine Teiche und genau dem richtigen Maß an gepflegtem Wildwuchs. Rosa Crux hatten zudem ihre Kunst-Installationen für die Performance am morgigen Konzert-Tag schon aufgestellt und das Gelände hie und da liebevoll-morbide dekoriert.

im Ticket inklusive: Vollmondromantik
im Ticket inklusive: Vollmondromantik

Eintritt kostete das gesamte Festival 20 € (deklariert als „Spende“ bei PayPal, was dem hiesigen „Unkostenbeitrag“ bei Veranstaltungen entspricht). Das war ein Witz für diese beiden tollen Bands und all das Rosa-Crux-Drumherum, was man geboten bekam, Zelten inklusive. Mir wäre es auch ein paar Euro mehr wert gewesen und wir hätten uns über eine richtige Eintrittskarte im Rosa Crux-Artwork gefreut – als Erinnerung (Verbesserungsvorschlag #1).

 

Lux-Taler-Rosa-Cruxdo-you-want-to-have-schweppes-with-meSo hoben wir zur Erinnerung ein paar LUX auf, versilberte Taler aus verstärktem Papier mit geprägtem Rosa Crux-Logo, die man als „Verzehrbon“ für die Zelt-Feld-Küche vor Ort erwerben musste im Kurs 1 LUX = 2 €. Die waren auch schick und das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmte. Für einen Lux bekam man 1 Getränk (lecker Cidre oder Rotwein, Bier, Alkfreies) oder diese famosen, vor unseren Augen selbst geschnitzten „Frit“/Pommes Frites (ein Gedicht! und sehr sättigend) oder eine Schale Bio-Kirschtomaten oder Crepes. Für die Fleischfresser wurde an beiden Abenden je ein halbes Schwein am Spieß gegrillt. Ich fand das Tier vor allem gut als Wärmespender, denn als die Sonne weg war wurde es hier überraschend kalt. Ich wärmte mich am Holzkohlegrill und versuchte etwas Konversation mit einer netten Französin, die zum Rosa-Crux-Team gehörte. Dabei fand ich heraus, dass da am Grill nicht „le boeuf“ sondern „le cochon“ drehte, was ich hernach gleich meinen Mitstreitern erzählte, damit sie dieses neugewonnene Sprachwissen bei der nächsten Spießbraten-Bestellung nutzen können. Aber es half nichts, bestellt wurde „One pig, please“. 🙄 Für 2 Lux!! :mrgreen:

Die Zelt-Feld-Küche (von hinten)
Die Zelt-Feld-Küche (von hinten)

 

Gotische Schaukästen!! Waaah!
Gotische Schaukästen!! Waaah!

Am ersten Abend floß der Wein (vor allem bei mir) sehr gut, wir hatten lecker Frit im Bauch und fühlten uns im Tanzsaal im 1. Stock sehr wohl. Was für ein Ambiente! Das Schloss an sich war eher schlicht – von außen wie von innen. Grobes, helles Gestein, dazwischen unverputzte rote Ziegel in den gewölbten Decken, geschmackvoll aber sparsam eingerichtet – doch der Tanzsaal hatte düstere Eleganz! Griechische Säulen, der Fußboden aus schwarz-weißen Octagon-Marmorfliesen, auf dem sich super tanzen ließ, ein begehrenswerter Kandelaber *sabber*, jede Menge Kerzenleuchter, ein Kerzenbaum, Vitrinenschränke mit alten Büchern und antiken Devotionalia und – das war der Clou – zwei große Schauvitrinen mit selbst gefertigten Sargplatten darin, umgeben von Efeu, Kruzifixen und f-l-a-t-t-e-r-n-d-e-n Fledermäusen. Waaaaahhh! Terrible!   (ich hab das ein wenig im Video unten eingefangen)

Der Tanzsaal - wie angemessen!
Der Tanzsaal – wie angemessen!

Genau das ist die ideale Atmosphäre: wenn man hier einfach tanzen MUSS! Überwindung kostete mich das nicht. DJ Sioux’boy legte so ganz andere Sachen auf als das, was bei uns in den Clubs läuft. Ausgefallenes, bei dem es viel Neues & Gutes zu entdecken gab! Das war auch am zweiten Tanzabend nach den Konzerten bei DJ Hellebore & DJ Anxio Gene der Fall. Anderes Land, andere Lieder! Die Leute tanzten auch anders – schräger und enthemmter. Es war eine sehr schöne Auftaktfeier in kleiner Runde mit unbeschreiblichem, französischen Flair. Erst gegen 4:00 morgens krochen wir in die Schlafsäcke. M.Synthetic drehte vorher noch mal eine Runde über den von Rosa Crux erschaffenen Friedhof.

friedhof-bei-nacht

Morbider Hexensabbat am Samstag

entspanntes-zelten-frankreich-dark-ritualHeiß wie Hölle war es bereits am Morgen. Gegen 10:00 Uhr hielten wir es in unserer Zelt-Sauna nicht mehr aus und schleiften uns zum nächsten Baum in den Schatten. Bei mir meldete sich die ungute Mischung aus wenig Schlaf und viel Wein – aber wir hatten ja Zeit. Überhaupt war dieses kleine, französische Festival eines der entspanntesten in meinem Leben. Ländliche Ruhe, Sonne, entspannte Franzothics. Also chillten wir unter einem Apfelbaum und machten irgendwann Kaffee, aßen unsere Melone und Andrés Brötchen. In der Festival-Zeltküche hätte es auch Kaffee, Tee und vermutlich Crepes gegeben.

Die Gargoyle-Kirche von Conty
Die Gargoyle-Kirche von Conty

Keiner von uns war jemals zuvor in Frankreich gewesen – außer wir in Paris, was man ja nicht vergleichen kann. Also wollten wir was entdecken und fuhren ins nächstgelegene, auch etwas verschlafene Städtchen namens Conty. Dort gab es eine vor Gargoyles nur so strotzende Kirche (leider geschlossen), lecker Café au lait und M.Synthetic entdeckte den Friedhof von Conty. Gar nicht mal so schlecht, wenn auch etwas kies-lastig. Aber vielleicht ist das ja hier so. Leider waren viele Gräber beschädigt und Gruften leergeräumt. 🙁

Me & ^^friends^^ auf dem Friedhof in Conty (Danke für das Foto an André Bug)
Me & ^^friends^^ auf dem Friedhof in Conty (Danke für das Foto an André Bug)

 

Eintritt in die Gruft: 1 Lux. Vorn: das Festival-Maskottchen
Eintritt in die Gruft: 1 Lux. Vorn: das Festival-Maskottchen

Am späten Nachmittag kehrten wir nach Thoix zurück, fuhren noch mal durch das kleine Dorf, dessen 140 Einwohner gerade alle damit beschäftigt waren, Boule zu spielen (wirklich!). Auf unserem Campingplatz waren nur noch wenige Zelte hinzugekommen. Die meisten Franzosen kamen erst so gegen 19 Uhr und fuhren wohl nach dem Konzert auch wieder heim oder schliefen im Auto. Wir holten uns eine Packung Frit und lernten zwei nette Ladies aus Aachen kennen. Sie sprachen besser Französisch als wir und erklärten uns, dass immer wenn die Glocke am Schloss geläutet wurde, eine Führung durch die Gruft stattfindet. Ahaaa! Da waren wir doch sofort dabei!

 

Die Gruftbewohner
Die Gruftbewohner

Wir wurden zum Rand des Schlossgeländes geführt, dort gab es etwas versteckt einen mit Gras überwachsenen Gewölbekeller. Jeder zweite bekam eine langstielige Grab- oder Kutscherlaterne mit Kerze (wo sie die jetzt wieder her hatten?!?) in die Hand gedrückt und dann ging’s ab in die Gruft. Es war umwerfend! Damit haben sich der Künstler Olivier Tarabo und sein Rosa Crux Team selbst übertroffen. Wenn ich noch nicht bei den Mumien von Palermo gewesen wäre, hätte ich gedacht, ich wäre dort. Die Mumien von Palermo waren ganz klar die Inspiration, Olivier hatte sie vor einigen Monaten besucht. Nur war das Ganze hier noch beeindruckender für das persönliche Erleben inszeniert – durch die Dunkelheit und das Selbstentdecken mit Laternen kam alles noch gruftiger. An den Wänden hingen die Mumien – nicht echt, aber verdammt gut nachgebildet – eingekleidet in alte abgerissene, von Motten zerfressene Kleider und dann waren sie auch noch mit bläulichem Schimmel überzogen. Der war auf natürliche Art entstanden, indem sie die Mumien mit Honig überzogen schon eine Zeit lang in dieser feuchten Gruft aufgehängt haben. Morbid shit! Wir waren alle drei hin und weg!

Traumberuf aus Leidenschaft: Die drei Mumienbeleuchter (Foto: André Bug)
Traumberuf aus Leidenschaft: Die drei Mumienbeleuchter (Foto: André Bug)
Samstag abend wurden es schlagartig mehr Besucher...
Samstag abend wurden es schlagartig mehr Besucher…
An den Marktständen - die hübsche Lady rechts kommt aus Belgien und verkaufte morbiden Schmuck & Tierschädel (Kahlansbones)
An den Marktständen – die hübsche Lady rechts kommt aus Belgien und verkaufte morbiden Schmuck & Tierschädel (Kahlansbones)

 

Eiskalte Nächte in Thoix
Eiskalte Nächte in Thoix

Es war wie ein sättigendes Abendbrot für unsere morbiden Sinne! In der Abendsonne beobachteten wir das Anschwellen der Besucher, den Soundcheck von Matt Howden/Sieben und als die Sonne dann weg war, wurde es auf einen Schlag wieder kalt. Die Konzerte begannen laut Programm „mit Einbruch der Dunkelheit“, also erst so gegen 22 Uhr. Ziemlich spät und dadurch war es verdammt kalt, viel kälter noch als am Abend zuvor. Sowas hab ich noch nicht erlebt im Sommer. Wohl haben wir auf dem Mera Luna 2006 schon mal Glühwein gekocht wegen Kälte, aber ich habe im Sommer noch nie beim Ausatmen meinen Atem gesehen – so kalt war es!! Einstellig, garantiert! Oder wie M.Synthetic es formulierte: „Warum müssen die das auch im Winter machen?“

Deshalb hörten wir uns das Konzert von SIEBEN größtenteils aus dem etwas wärmeren Tanzsaal an. Nix gegen Matt Howden, beim BIMFEST 2012 war er zusammen mit Job Karma – als 7JK – sehr beeindruckend. Hier trat er alleine auf, ein Großteil kam „vom Band“ und zwar gab es noch sein beeindruckendes Violinenspiel, aber es packte mich nicht recht in dieser reduzierten Form. Lag vielleicht auch an der Kälte. Bei einem lauschigen Sommerabend wäre ich so reinem Neofolk sicher aufgeschlossener gegenüber gewesen. Aber er hatte sein begeistertes Publikum.

Olivier erwischten wir oben im Tanzsaal noch kurz vor seiner Performance. Der Mann ist echt ein Tausendsassa! Den ganzen Tag war er auf den Beinen – vom Bühnenaufbau über Brennspiritus abfüllen für die Hexenverbrennung bis hin zu Filme nachlegen (es gab hinter dem Tanzsaal auch noch ein Cinema, in dem Rosa Crux Videos liefen). Olivier war praktisch überall, als wäre er geklont. Er hatte natürlich auch Helfer, aber als dunkler Meister und Perfektionist konnte er viele Sachen nur selbst oder musste zumindest „die Abnahme“ machen. Das kennen wir auch von der Elektronischen Nacht – Stress gehört einfach dazu und bestimmte Dinge kann nur der Chef (M.Synthetic) selbst machen!

Rosa Crux Auftritt - Les Nuits Dark Ritual 2015
Rosa Crux Auftritt – Les Nuits Dark Ritual 2015

 

Spät ging es endlich los: ROSA CRVX! Dies war mein 4. Rosa Crux-Konzert (2006 und 2007 beim WGT und 2009 in Zürich), aber es war wieder anders. Kälter schon mal. Auf einer kleinen Bühne, die gerade so ausreichte, aber auch recht niedrig war. Verbesserungsvorschlag #2 fürs nächste Mal: Bühne höher machen. Ansonsten war aber alles wie es sein muss und ein hervorragendes Konzert, auch mit einigen neuen Stücken. Trotzdem konnte ich es wegen dieser Hundskälte nicht ganz so genießen. Ich hatte drei Lagen obenrum an, tanzte und bewegte mich, doch ich hatte das Gefühl festzufrieren. Und dachte: den Erdentanz machen sie bei Kälte bestimmt nicht! Aber doch! Die harten Franzosen bzw. Französinnen! Beim Stück „Eli Elo“ wurden die nackten, mit Lehm beschmierten Mädels auf ihrem „Erdentanz-Tableau“ von hinten ans Publikum heran und dann über die Wiese getragen, während sie den „Danse de la terre“ vollführten. Das war sehr beeindruckend und in der Form hatte ich es auch noch nicht erlebt (siehe Video)! Und was wäre ein Rosa Crux Konzert ohne „Erdentanz“?

Danach ging es direkt weiter mit Freikörper-Performance. Wir erlebten endlich das Kugel-Ritual live. Hier sitzt ein nackter Mann (der sichtbar am ganzen Leib geschlottert hat) in einem kugelförmigen Stahlkäfig, der gegen eine große Metallplatte geschleudert wird, so dass es industrielle Klänge ergibt. Zeitgleich erzeugt ein anderer (bekleideter) Typ durch Muskelkraft an einer Wasserwaage/Wasserturm mechanische Metall-Industrial-Geräusche. Begleitet wurde das von einer hockenden, alienartig wirkenden Frau mit einem Metalhelm, die irgendetwas vor sich versuchte zu reanimieren. So sahen wir alles mal „in Action“, was man sonst nur von Rosa Crux Videos kennt. Grandios!

Das mit der Hexenverbrennung nahm man hier ernst!
Das mit der Hexenverbrennung nahm man hier ernst!

Letztendlich kam es zum Höhepunkt der Rosa Crux Performance: die Hexenverbrennung! Olivier zündete ein kreisrundes Gestell mit vier Skeletten im Hexenmantel auf Besen sitzend an – und plötzlich schwebten vier brennende Hexen durch den Nachthimmel! Es wurde schön warm, ja sogar heiß! Dazu lief ein tolles Stück, ein „cursed song“ – leider weiß ich nicht, von wem es ist. Man hört es im Video, vielleicht kennt es jemand von euch? Es war ein krönender Abschluss für Rosa Crux. Tatsächlich: wir haben hier ihren umfassendsten Auftritt erlebt. Großartig!

Danach blieb ich noch kurz und die Männers noch etwas länger im Tanzsaal, der heute abend prall gefüllt war. Mir ging es leider nicht so gut (?), außerdem war ich komplett durchgefroren und als ich in den Schlafsack kroch war es auch schon halb 6 Uhr morgens. Was für ein schöner, mit Eindrücken angefüllter Tag und erst recht diese außergewöhnliche, unvergessliche Nacht!

Hier im Video seht ihr einen kurzen Zusammenschnitt aller Dark Ritual Highlights. Nicht zu viel, denn man muss es selbst erleben. Fazit: Wir kommen wieder! — Seid ihr auch dabei?

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Beim nächsten Dark-Ritual-Besuch wollen wir ins 1h entfernte Rouen fahren und uns dort die berühmte gotische Kathedrale von Rouen, den Turm Jeanne D’Arc (in dem sie verhört wurde) und vor allem das Aître Saint-Maclou Beinhaus ansehen. Das 1348 angelegte Beinhaus ist von Holzgalerien umgeben, die mit Schnitzereien von Totentanzszenen verziert sind. Die Gebäude beherbergen heute Kunstgalerien und die École régionale des beaux-arts de Rouen, in der auch Olivier und Claude damals studiert haben. Schädel und Gebein gibt es leider nicht mehr zu sehen, wohl aber eine mumifizierte Katze, ein sogenanntes „Bauopfer“, über das man in diesem guten Artikel über das Fachwerk- und Beinhaus am Pestfriedhof mehr erfährt. Und die „Logo“-Inspiration von Rosa Crux…

Kommt Rosa Crux Fans bekannt vor - Verzierungen am Aitre Saint-Maclou in Rouen (Danke für das Foto an Ilona)
Kommt Rosa Crux Fans bekannt vor – Verzierungen am Aitre Saint-Maclou in Rouen (Danke für das Foto an Ilona)

 

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17 Kommentare zu „Dunkle Rituale in Frankreich“

  1. Ich muss blind sein, ich hatte hier doch letztes Jahr einen Kommentar verfasst 😀 Nun ShanDark, ich hoffe es erfreut dich, du bist daran Schuld, das wir auch mal dort hin gefahren sind, ins beschauliche Thoix, aufgrund deines hungrig machenden Berichtes. Nein ich will dir nicht den schwarzen Petyr zuschieben, ein bisschen war dies schon immer mal wieder ein Thema aber dein Bericht, war einfach ausschlaggebend es doch zu wagen. Nun, was viele nicht wissen, der Nossi ist im Job und beim Schreiben frech und kritisch, aber wenn er als Privatperson unterwegs ist, introvertiert und Süchtig nach Ruhe und Stille. Desto weniger Menschen, desto besser. Wenn ich mich recht entsinne, war die Musik bei unserem Besuch anders, es wurde bei den nächtlichen Feuerritualen komplett TMLHBAC gespielt. Wir haben davon ja ein YT Video hoch geladen. Sonst war alles, wie du es beschrieben hast, allerdings gibt es nun zusätzlich vegane Nudelgerichte für die Hungrigen. Wem dies alles nicht mundet (Nossi, das war so klar-es war ihm nicht gut genug), wir haben in der Nähe in Poix (?) einen Pizzalieferservice entdeckt (nein, wir haben nicht aufs Festival liefern lassen, wir sind hin gefahren und haben es vor Ort in einem Park gegessen), also wenn man Pizza liebt, die vor Käse trieft, ist man da richtig. Einfach wundervoll. Wir waren dann auch in Amiens, dort gab es nichts zu essen, hatten alle Zu oder Pause oder wir waren zu blöd einen Parkplatz zu finden. Also wieder zurück zu den Fritten in Thoix 😀 die wirklich ungewöhnlich gut sind. Ich wollte heraus bekommen ob die ein besonderes Öl benutzen, aber der Mann verstand kein Englisch. Matt Howden schon, er gab mir den Rat ich solle meinen Kopf waschen 😀

    Du hast nicht untertrieben. Rosa Crux waren ergreifend, trotz Kälte. Leider waren sie selbst unzufrieden. Später sagte man mir, Olivier sei mit dem Sound unzufrieden gewesen. Ich habe nichts davon gemerkt. Wir haben auch Oliviers neue Freundin vor Ort kennen gelernt, wir wussten davon allerdings nichts und ich Idiot hab englisch mit ihr geredet, als Österreicherin, hätte sie auch mein schwäbisches Kauderwelsch verstanden 😀 Es war also sehr lieblich und obschon ich Konzerte und Festivals vermeide, die Gründe erwähnte ich, wollten wir dieses Jahr2020 wieder hin. Naja, vielleicht nächstes Jahr. Jedenfalls, vielen Dank nochmal, für deinen ausführlichen Bericht, der uns dann doch hungrig machte.

    1. Lieber Nossi,
      vielleicht hattest Du nur GEDACHT, dass Du einen Kommentar hier verfasst hast – an einen derartigen hätte ich mich erinnert. Es freut mich natürlich außerordentlich, dass es sich für euch gelohnt hat und ihr ein finsterschönes Dunkelritual in bester musikalisch-morbider Gesellschaft hattet. Danke Dir sehr für das Update, da hat sich doch einiges getan. Nicht nur im Hormon-Haushalt von Olivier, sondern auch auf dem Speiseplan. Aber die „Fritten von Thoix“ 😀 sind echt unschlagbar und legendär und wahrscheinlich nach einer finsteren, geheimen Ölrezeptur gefrittzelt. Für die würde ich sogar in Corona-Zeiten mit Doppelmundschutz Schlange stehen. Aber noch nicht mal das ist erlaubt. In 2021 ist hoffentlich wieder eine Chance. Das Schloss Thoix ist da zum Glück nicht so gefährdet wie andere offizielle Veranstaltungsorte aktuell.

      Liebe Grusels
      Shan Dark

  2. Oh Ich beneide euch sehr! Ich habe überlegt, auch hinzugehen, aber Thoix ist schon sehr weit weg! 🙁 Sehr schöner Bericht!

  3. Melittus_Dilemmus

    Wow! Ein wundervoller Bericht, bei dem mir förmlich das Wasser im Munde zusammenlief — die Veranstaltung scheint ästhetisch und atmosphärisch ja der Hammer zu sein! Was für ein Unterschied zum ernüchternd-deprimierenden Ambiente beim Amphi-Festival dieses Jahr.

    Das Stück bei der Hexenverbrennung stammt übrigens von der genialen österreichischen Gruppe The Moon Lay Hidden Beneath A Cloud, die in den Neunzigern aktiv war. Einen Titel kann ich Dir leider nicht nennen, da alle ihre Songs ‚Untitled‘ hießen, aber das fragliche Lied ist auf jeden Fall auf dem Album „A New Soldier Follows the Path of a New King“ enthalten. Empfehlung!

    1. @Melittus_Dilemmus:
      Freue mich, dass ich Vorfreude schüren konnte und vielleicht sehen wir uns ja nächstes Jahr im Chateau Thoix?! Das Album von The Moon Lay Hidden Beneath A Cloud wollte ich mir gerade besorgen, aber ist bei Amazon nur für 300 EUR erhältlich (!). Sammlerstück! Phew, das muss dann nicht sein und ich halte einfach mal weiter die Augen danach offen. Auf jeden Fall DANKE Dir!

  4. Wow, das klingt ja wunderbar! Ich liebe so kleine, szenige Festivals, und Frankreich kenne ich absolut gar nicht. Nächstes Jahr werde ich auf jeden Fall versuchen hinzukommen 🙂

  5. *schmacht* Das ist eine Veranstaltung nach meinem Geschmack…wünschte ich hätte auch dabei sein können. Danke für’s teilen.

  6. Ariada Maledica

    Also mich hat Dein Bericht sehr neugierig gemacht. Und wenn es zeitlich passt, bin ich dabei.

    Das eingestaubte Schulfranzösisch sollte auch noch für Ticketbestellungen ausreichen.
    Zum Simultanübersetzen bei einer Führung reicht es sicherlich nicht 😉

    1. @Ariada Maledica: Das ist schön, wenn Du dabei wärest. Musikalisch ist das auch was für Dich, bin ich sicher, und simultanübersetzen musst Du nicht. 🙂 Das mit der Führung war keine – man durfte die Mumien selbst entdecken und so lange in der Gruft bleiben wie man wollte. Niemand hat dazu was erklärt. Das hat es noch abgründiger gemacht…

  7. @Shan Dark:

    Es ist ein ganz bewusster „Tippfehler“, denn für mich waren unsere Französischlehrerinnen wirklich nichts anderes als Leerkörper. Wobei die eine wohl nichts dafür konnte aufgrund einer psychischen Erkrankung. Die andere war einfach unfähig, die Begeisterung für die Sprache zu wecken. Sie konnte es nicht rüberbringen. In ihrem anderen Fach, Religion, soll sie allerdings eine sehr gute Lehrerin gewesen sein.

  8. interessanter Beitrag wie immer 😀 (hm „interressanter“ sieht falsch aus o.O, sollte öfter wieder auf deutschen Seiten surfen :3 )

    bei deinem HexenverbrennungsLied kann ich dir leider auch nich helfen, weder die Stimme oder die musikalische Untermalung hatts klingeln lassen, dachte an Betty Haze, oder eben Nic Endo … vermutlich auch sowas in der Richtung würde auf nen Soloprojekt oder erste Gehversuche in Musik tippen, aber die musikalische Vielfalt is ebenso groß wie das Netz, und das Internet hatt eben auch dazu beigetragen das die Anzahl an Musiker größer ist, wenn ich nur an Soundcloud zb denke oder bandcamp … aber ich schweife ab, wie üblich ^^

    hm nach Genuß einiger Rosa Crux Videos auf Youtube hab ich das Gefühl, mit deren Musik im Hintergrund könnte ich ganz gut HimmelsRand von den Drachen befreihen oder so, „Terribillis“ als Untermalung für eine Dwemer-Ruine oder ein HügelGrab der Nord (Skyrim’s Version einies Vikinger 😀 ) beim Erkunden paßt todsicher wie das Breitschwert bei dem Draugur (mumifizerter untoter Nord, nicht erfreut über ihre Ruhestörung, aber wa wäre in ein Abenteuer-Spiel ohne gegnergefüllte Dungeons ? 😀 )

    Rosa Crux, steht jetz bei mir auch auf dem Merkzettel, mann entwickelt sich immer weiter und gesunde Neugier hatt bisher keinen geschadet, von zu neugierigen Katzen (oder meinen argonischen Breitschwertträger in „TES V : Skyrim“ ) mal abgesehen :>

    was „Dark Rituals“ betrifft, bin beeindruckt wie weit Rosa Crux geht, ich mein die Münzen für die Verpflegung und das ganze Drumrum ist beeindruckend und in meinen Augen sind das so kleine Sachen die eben die Hingabe zur Musik und Ambiente deutlich zeigen, im starkten Kontrast zur zu erwartenden corporated world, wo eben jeder Einsatz auf maximalen Gewinn abzielt sind solche Veranstaltungen eben für die Fans, sicher tragen sollten sie sich schon, aber eben solche Kleingkeiten wie die Münzen oder ihre GruftFührung machen ihre schon einzigartigen Konzerte eben noch mehr zum Ereigniss, Solche Sachen sind eben die „extra Meilen“ die man scheut zu gehen weil die Kosten eben zu hoch sind … was schade ist ._.

    1. @solitary: Freu mich, dass ich bei dir das Interesse an Rosa Crux wecken konnte! Für einige atmosphärisch aufgeladene Spielszenen geben sie garantiert einen guten Score ab – und beflügeln das Breitschwert! 😀

      Trotzdem danke für Deine Vermutungen zum Hexenverbrennungslied, ich höre mal bei den beiden von dir genannten Musikern rein. Manchmal kommt man ja von einem aufs andere.

      Ja, hast recht, Rosa Crux machen schon wirklich mehr als man erwarten kann und ich erwartet hätte. Außergewöhnlich! Ich hoffe, sie bekommen wenigstens die Kosten wieder rein, bin mir da aber nicht ganz so sicher, ehrlich gesagt. Deshalb galt für mich: „Erlebnis-Sharing is caring!“ (=Artikel darüber)

  9. Mit einem Wort: KRASS!!
    Da kuckt man mal nicht hin und die Delegation aus deutschen Landen macht fluchs einen subkulturellen Bildungsurlaub im Nachbarland… ich hoffe, ihr habt entsprechende Inspiration für die elektronische Nacht mitgenommen und werde die Umsetzung zu würdigen wissen 😉

    1. @Vampiet: Ja, krass schon, da gebe ich Dir recht, und tatsächlich mit Inspiration für die Elektronische Nacht. Du darfst gespannt sein :). Wir verhandeln gerade noch mit der Stadt Wiesbaden ob wir die Hexenverbrennung im Freien vor dem Kontext genehmigt bekommen… 😉

      @Nighttears: Das ist schade mit Französisch bei Dir. Es ist oft der Fall, dass es am Leerkörper (war das ein bewusster Schreibfehler? 😀 ) liegt und dann ärgert man sich sein Lebtag drüber. Mir hat z.B. Geschichte wegen der Lehrerin nur wenig Spaß gemacht, aber dafür gibt es ja zum Glück Wikipedia.
      Wir hatten damals die Wahl zwischen Französisch und Spanisch. Warum auch immer, ich habe mich für Spanisch entschieden. Das war auch zunächst eine gute Wahl, bis sie unsere (von uns geliebte) Lehrerin nach einem Jahr versetzt haben. Es gab keinen Ersatz, ergo auch kein Spanisch mehr und um bei Französisch in meiner Klassenstufe noch einzusteigen war es zu spät. Ich war aber auch nicht wirklich neidisch, wenn ich meine beste Freundin immer gehört habe, wie sie sich mit der Sprache ‚gequält’ hat.

  10. Klingt echt interessant! Auch wenn es mir sprachlich nicht viel anders ergehen würde als euch. Zwar hatte ich mal Französisch in der Schule, doch das ist mittlerweile 30 Jahre her und die Sprache hat mir nie wirklich Spaß gemacht. Was aber an den Leerkörpern lag, die uns diese zu vermitteln nicht in der Lage waren.

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