Gerade als ich mir vorsichtig den Schweiß abtupfe ohne mein Make-up dabei zu verwischen, tippt mir jemand von hinten auf die Schulter. Ich drehe mich um – ein Alien steht vor mir. So groß wie ich, mit einer Haut aus schwarzem, glänzenden Teflon. Nicht beneidenswert bei der Hitze, denke ich. Sein Kopf ist unförmig für menschliche Verhältnisse, vielleicht ist er auch geschwollen und es schwitzt so wie ich. Doch anstatt das Gespräch mit einem „Heiß hier, was?“ zu eröffnen fragt es: „Seid ihr auch Menschen?“ Ich schaue noch verdatterter als so schon. Was für eine Frage! „Warum?“ – „Ihr seht so anders aus als die da.“ Das Alien deutet mit seinem übergroßen Kopf in Richtung Marktplatz => dort findet unverrückbar am 1. Juniwochenende das „Leipziger Stadtfest“ statt.
Wie erkläre ich das WGT (m)einem Alien? Ich wähle die Kurzfassung, doch schon nach zwei Stunden fühle ich mich innerlich und äußerlich von der Hitze ausgedörrt. Es lauscht cool aber ohne sichtbare Reaktion meinen Ausführungen. Kurz erwäge ich, dem Alien zum Schluss drei Fragen über mein Szenepalaver zu stellen, um seine Aufnahmefähigkeit zu prüfen. Doch es ist schneller: „Und was feiert ihr dann jedes Jahr hier?“ – „Öhm… uns, unsere Subkultur“ antworte ich, „und unseren guten Geschmack. Wir frönen und schwelgen in guter Musik und treffen uns mit Gleichgesinnten. Ist das eventuell Dein erster Besuch auf der Erde?“ – „Ja, schon. Und was ist D-A-S da für ein Ding?“ – „Mein Fä…“ blitzschnell greift es nach meinem Fächer. Eher ungeschickt versucht es sich damit Luft zuzuwedeln. Ich mache eine zögerliche Handbewegung nach vorn: „Gib doch wieder her…“ Alien betrachtet fasziniert den Fächer und murmelt: „Nein, ich will auch guten Geschmack haben.“ Dann schiebt es mich plump zur Seite und geht weiter – kein Danke, kein Abschied, kein Überlebensfächer mehr. Leider bin ich bis zu den guten Gruftie-Manieren in meinen Ausführungen gar nicht gekommen. Wie konnte ich auch annehmen einem neuen Besucher (noch dazu aus dem All) den soziokulturell-gesellschaftlichen Kontext der schwarzen Szene in 2 Stunden vermitteln zu wollen. Einfach selbst erleben – am besten in Leipzig an Pfingsten, wenn das Unerklärliche ganz normal stattfindet. So wie das Alien, das bereits in einiger Entfernung fächerwedelnd in jede Kamera faucht.
Zugegeben: Das Alien war das Aufregendste für mich an diesem WGT! Und natürlich der ein oder andere Schatten, den ich erhaschen konnte sowie das wohlige Gefühl, das heißeste Wave-Gotik-Treffen der Gruftie-Geschichte (üb)erlebt zu haben. Es hätten sehr gern 10 Grad weniger sein dürfen statt dieser Hölle auf Erden. Aber überlebt ist überlebt.
Dieses Jahr habe ich festgestellt: Ich muss an meiner WGT-Einstellung arbeiten. Mein Luxus-Problem sind die 14 Wave-Gotik-Treffen, die ich schon erlebt habe. Darunter viele Jahre mit wunderbaren Parties, bei denen eine tolle Location mit einem super DJ glücklich zusammenfiel. Oder mit genialen Konzerten von Bands, die mich unverhofft weggeblasen haben oder die ich schon immer mal sehen wollte. Phantastische Locations, die kamen und gingen, wie das Parkschlösschen, das UT Connewitz oder der Spiegelpalast. Ich bin „treffenverwöhnt“. Mich zu begeistern wird zunehmend schwerer.
Heute – und auch schon das letzte Jahr – waren entweder die Locations gut, aber die Musik hätte abwechslungsreicher sein können oder die Musik passte, aber man hält es in der Location nicht gut aus (im Keller des Panamoke oder in Noels Ballroom). Oder es sind viele gute Bands und Heroen am Start, die ich aber alle schon gesehen habe (also keine Überraschung mehr). Statt dieser schaute ich mir ein parallel stattfindendes Konzert einer mir unbekannten Band an, was dann aber nicht so berauschend ist. Oder, genau wie in 2013, man hat so einen Abend, wo man nur unterwegs ist von einer Party zur anderen und alle sind nix.
„Wettmachen“ kann das ein Stück weit das Wiedersehen und längere Gespräche mit Freunden und lieben Bekannten. Trotzdem sind mir Musik & Party (noch) zu wichtig, als dass ‚Freunde-Treffen‘ für mich der wichtigste oder gar einzigste Inhalt auf dem WGT sein könnte. Ich möchte TANZEN und von guten Konzerten überrascht werden. Deswegen fahre ich hauptsächlich nach Leipzig. Versteht mich da draußen von den langjährigen WGT-Gängern eine/r? Wenn ja, hier die Therapeuten-Frage: Wie geht es euch damit?
Vielleicht sollte ich künftig einfach nicht so viel erwarten außer eines schwarzen Kurztrips und mich auf die Sachen freuen, die garantiert gut sind. Das ist generell die unheilige Dreifaltigkeit-on-tour mit M.Synthetic und r@zorbla.de, das sind die Atmosphäre und lieben Leute bei den blauen Stunden, Konzerte im Volkspalast (meine Lieblingslocation!), das Heidnische Dorf, schwarze Johanna & Erdbeer-Mojito auf/in der Moritzbastei, Absinth-(Spät)Frühstück in der „La Petit Absintherie“ sowie die dienstägliche Abschiedsfrühstücksrunde im „Puschkin“. Ist ja dann doch eine ganze Menge!
Ortswechsel – von Connewitz nach Plagwitz
Locationmäßig gab es dieses Jahr genug Neues zu entdecken. Dabei fiel auf, dass sich das WGT immer weiter von seiner Quelle in Connewitz entfernt und nach Plagwitz wandert (wo die Grufties niemanden stören?). Dort öffneten das Elipamanoke (der Einfachheit halber auch „Pokemon“ genannt) und direkt gegenüber das Täubchenthal ihre Keller und Hallen für uns. Beide sind nur ca. 500m entfernt von der Alten Damenhandschuhfabrik mit der Gothic Pogo Party – schon praktisch so alles auf einem Fleck. Die dritte neue Konzert-Location war die Theater-Fabrik in Leipzig Leutzsch – am A… von Welt; weiter war früher nur noch das Auensee.
Dafür waren auch drei geliebte Locations nicht mehr dabei. So fand das 23. WGT ohne das WERK II am Connewitzer Kreuz statt, was von der Lage her immer genial war > direkt an der StraBa-Haltestelle und zwischen Innenstadt und AGRA. Ebenso fehlten der Anker und das Beyerhaus, an das wir uns in den letzten zwei WGT-Jahren für Parties gut gewöhnt haben. Beides habe ich vermisst. Besonders meinen lieben Anker. Da hängen Erinnerungen auch aus meinen Leipziger Zeiten dran, die ich dann immer schön abrufen konnte. Ich finde den Anker ein schönes Gemäuer mit gutem Sound und tollem Personal (die immer die leckeren Schnittchen gemacht haben, Fettbemmen und so ;)). Der Konzertraum ist auch ausreichend groß, die Anker-Kneipe Kult. Selbst wenn der Anker ein Stück weiter draußen ist, aber das war diese unsägliche Theater-Fabrik in Leutzsch ja auch.
Ich fange hier gleich mal mit dem Negativsten an diesem WGT an, aber dann habt ihr es auch überstanden. Die Theater-Fabrik als Location war wirklich eine Sauerei! Sie befand sich in einer alten Industriehalle, die gerade erst ohne den Charme zu erhalten saniert worden war (bzw. war man noch dabei?!). Im Erdgeschoss war alles mit weißer Farbe zugeflackt zu einem seelenlosen Raum und es stank noch entsprechend danach. Auch in den Toiletten, die, ich nenne es mal eher ‚unbewirtschaftet‘ waren (kein Papier, keine Seife, keine Handtücher). Doch selbst wenn das Erdgeschoss hässlich und nur dürftig ‚eingerichtet‘ war, die Temperaturen hier waren OK. Die Konzerte hätte man vielleicht besser hier stattfinden lassen sollen. Der Konzertraum befand sich nämlich im Stockwerk darüber und direkt unter dem Dach, das in der Mitte viele kleine, mit schwarzer Farbe angestrichene Oberlichter aus Ost-Zeiten hatte. Oberlichter, die sich niemand getraute zu öffnen. Ich vermute, sie wären auch heruntergekommen. Eine sonstige Luftzufuhr gab es nicht. Im Konzertraum war null Sauerstoff, Hitze und hohe Luftfeuchtigkeit. Sowas hab ich wirklich noch nicht erlebt, außer in einer 80° Sauna. Nebenbei bemerkt: ich habe keine Hitze-Übersensibilität! 😉
In der Theater-Fabrik fanden über drei Tage insg. 15 Konzerte (!) statt. Nach dem heißen Samstag wurden am noch heißeren Sonntag immerhin ein Oberlicht und die hintere Tür geöffnet. Mehr ging wohl nicht. Es machte keinen Spaß und war schon körperlich grenzwertig, sich hier ein Konzert anzusehen. Und dafür zahle ich die 100 €, damit ich meine Bands sehen kann – und zwar ohne nach jedem 2. Stück den Konzertraum verlassen zu müssen um Luft zu schnappen. Viele hingen apathisch in dem kleinen Vorraum im Treppenhaus herum, weil man da wenigstens atmen konnte. Auch die Künstler hatten sichtlich damit zu kämpfen, was auch auf deren Performance schlug. Ich finde, für solche heißen Fälle muss etwas Puffergeld im Orga-Veranstalter-Säckl sein, dass man ein etwas erträglicheres Klima schafft. Ich bin jetzt kein Kältetechniker, aber von mir aus zwei riesige Ventilatoren oder mobile Klimaanlagen oder Eiswürfel en masse (wie letztes Jahr im Landratsamt) – irgendwie muss man da reagieren! Eventuell auch der Location-Inhaber. Aber mit den Grufties kann man es ja machen, denn die lassen alles mit sich machen. Oder wie seht ihr das? Da fällt mir ein, ich wollte mich noch darüber im WGT-Forum beschweren. Das Landratsamt hat sein Hitze-Problem dieses Jahr auch auf ein erträgliches Maß in Griff gekriegt, habe ich mir sagen lassen. Die AGRA war die zweitheißeste Location, aber bei der riesigen Halle kann man nix machen. Das wäre meiner Meinung nach in der Theater-Fabrik aber schon möglich gewesen.
Das Elipamanoke war auch nicht gerade mein Wohlfühl-Gemäuer, aber schon OK. Hat mich bisschen an die Villa erinnert, auch von der Größe her, die mir aber dann doch mehr Charakter hat. Draußen nervte mich der Grillstand, der mit Calypso und unpassender 70er Glamour-Disco betont schwarze Anti-Musik spielte (zumindest Freitagabend). Mir haben sie damit nichts verkauft.
Mit dem Täubchenthal wiederum wurde ich gleich warm. Sowohl drinnen als auch draußen eine Location mit Stil, Größe und gewissen Extravaganzen. Angefangen von der Tapete über die tollen im Takt flackernden Mega-Leuchter bis hin zum ausgiebigen Innenhof und der genialen Balkonetage. TOP! Das Täubchenthal war dieses Jahr Home of „When We Were Young“ und – ehrlich – ich habe das Werk II dagegen kaum vermisst. Das Werk ist zwar alternativ abgeranzter, aber ich fand es als Konzertlocation schon immer suboptimal hinsichtlich Sound und Sicht. Und die Halle D für die WWWY hatte null Charme. Und auch wenn der Werk-Innenhof und die „ConnStanze“ klasse waren, kann da doch das Täubchenthal auf seine Art mithalten.
Wie fandet ihr die neuen Locations und den Wegfall von Anker, Beyerhaus und Werk II?
WGT-Konzerte 2014
Die Hitze drückte auch ein wenig auf die Konzerterlebnisse. Ist ja auch klar – ich war halt nicht ganz so entspannt. Vor allem nicht im rechten Handgelenk aufgrund des durchgehend notwendigen Fächerbetriebs. Die Bands auf der Bühne schwitzten Töne und ich bewunderte sie. Dirk Ivens, der sogar zwei Konzerte in der AGRA-Sauna gab (mit Klinik und Absolute Body Control) sagte mir, es waren seine heißesten & anstrengendsten Auftritte ever gewesen. Und er soll die Maske bei KLINIK fast das ganze Konzert aufbehalten haben. Respekt!!!
Am besten temperiert von allen war wohl die Kuppelhalle; schon allein durch seine Bauart hat der Volkspalast einige Vorteile bei hohen Temperaturen. Mein erstes Konzert waren dort am Freitag SIX COMM (oder auch: 6comm, Sixth Comm) von Ex-Death in June-Mitglied Patrick Leagas. Sie waren zu dritt, maskiert und noch dazu in Death in June-artige Tarnanzüge gehüllt – vermutlich ohne eingebaute Kühlakkus. Six Comm spielten an dem Abend viele der alten DiJ-Songs, u.a. auch das schöne „The Calling“. Sie traten noch mal am Montag auf, da aber eher mit 6comm-Stücken. Mir hat’s gefallen, auch wenn es für mich eher was für daheim ist, brauch ich nicht unbedingt im Konzert.
Am Samstag schauten wir LITTLE NEMO, denn wir spekulierten, französischer Cold Wave könne bei 35°C nicht schaden. Aber es kam ganz anders, denn wir machten erstmalig Bekanntschaft mit der Theater-Fabrik. Die Franzosen hatten sich ihren ersten Auftritt in Deutschland wohl auch nicht so schweißtreibend vorgestellt. Ein gutes Konzert mit allen ihren (mir bekannten) Hits wie „City Lights“ und „Empty House„. Der Schlagzeuger war völlig crazy und gut (!!!), auch der Bassist war überzeugend. Jedoch könnten sie ihr Zusammenspiel noch optimieren. Der Auftritt hatte leider nicht die Größe oder Magie, die ich mir von einer alten Wave-Legende erhofft hatte.
Danach NEON, eine 80er New Wave-Band aus Italien, die wir schon vor einigen WGT-Jahren im Anker gesehen haben. Aber gern nochmal! Wie damals war auch der italienische Fanclub wieder geschlossen vor Ort – die hatten im Anker die ultimative Stimmung gemacht; mal abgesehen davon, dass NEON das auch ohne Fanclub gut geschafft hätte. Auch diesmal füllte sich die Sauna ordentlich und Sänger Marcello Michelotti kam in seiner dicken Uniformjacke. Ich schwitzte schon vom Ansehen. Die Band hat eine sehr gute Bühnenpräsenz und Marcello eine sehr gute Ausstrahlung – aber ich glaube, selbst Italienern war es in der Theater-Fabrik einfach ne Nummer zu heiß. Körperbewegungen wurden auf ein Minimum heruntergefahren. Trotzdem genial, auch wenn wir nicht bis zum Ende blieben, weil wir auch mal atmen mussten und Neon eben auch schon mal (noch besser) gesehen hatten.
Am Sonntag sollten meine zwei ersehnten Live-Highlights spielen: zuerst und für unsere WGT-Verhältnisse um 16 Uhr viel zu früh THE DEVIL & THE UNIVERSE (Volkspalast) und zu späterer Stunde BORGHESIA (Theater-Fabrik).
An dieser Stelle möchte ich unbedingt Frank aus Bielefeld für seinen guten Musikgeschmack danken, der mir THE DEVIL & THE UNIVERSE einige Wochen zuvor empfohlen hatte. The Devil & The Universe sind ein frisch gegründetes Projekt aus Wien, die zur Walpurgisnacht 2013 ihr erstes Album veröffentlichten. So neu klingen die Österreicher jedoch gar nicht, sondern streckenweise nach 80er Wave – mit Bezug auf das neueste Album bezeichnet es die Band selbst auch gern als „Goat Wave“ (hier im Video-Interview). Dahinter stecken Ashley Dayour (von „Whispers in the Shadow“) und David Pfister (von „Neigungsgruppe Sex, Gewalt und gute Laune“). Ihr 2. Album „Imprint Daath“ hatte ich mir vorm WGT gekauft; läuft seither in heavy rotation. THE DEVIL & THE UNIVERSE – der Bandname stammt von den zwei Tarotkarten – liefern einen finster-satanisch-magischen Sound, mal als raumgreifenden Dark Ambient (Sitra Ahra), mal mit treibenden elektropoppigen Beats (It Is Our Will). Das Konzept ist es „magische und religiöse Mechanismen“ zu vertonen.
Ich versuchte, meine Erwartungen an das Konzert nicht allzu hoch zu schrauben, damit ich nicht enttäuscht bin. Bevor sie die Bühne enterten durften wir uns mit „Satan is real“ von den Louvin Brothers schon mal einstimmen (oder einschunkeln). Da wusste ich: das wird guuuut und unorthodox – im wahrsten Sinne des Wortes! 😉 Dann eröffneten sie mit einem Goat-Intro.
Die Goat-Masken passten hervorragend, aber offensichtlich konnten sie dadurch schlecht sehen – sie setzen sie nach dem Intro ab. Leider, wenigstens für weitere 1-2 Stücke hätten sie noch optisch das magische Klangwerk untermalt. Das wurde aber auch über die eindrucksvollen Projektionen erreicht, die schwarze Magie und satanistische Rituale, Mystisches und Religiöses u.a. aus verschiedenen Filmen (z.B. „Die Teufel“ von Ken Russel) zeigten. Es war wirklich ein sehr gutes Konzert! Mein Highlight von diesem WGT. Auch, weil ich genau diesen Sound in der „schwarzen“ Musiklandschaft mittlerweile vermisse. THE DEVIL & THE UNIVERSE sind für mich ‚the missing link‘ zwischen Dark Ambient und düsterem, tanzbaren Electro Wave – beides mit Tiefgang und ohne, dass man von der Musik billig ‚angeschrien‘ wird. Finstere, getragene Klänge, die einerseits Rituale und magische Atmosphäre ergreifend vertonen, andererseits aber auch eine gewisse Leichtigkeit besitzen. Dass sie das Leben und sich selbst nicht zu wichtig nehmen, zeigte für mich auch die abrupte Showeinlage zu KLF’s „What time is love“ mit einem weißen tanzenden Einhorn vor projiziertem, im Zeitraffer welkenden Obst. Den Obstraffer fand ich gut, das knallige KLF-Cover passte nicht rein, obwohl ich’s lustig fand. Trotzdem wäre es besser als Zugabe, denn es durchbrach den düsteren Flow. Genau wie die metaller-artigen Sprünge (ab und zu) von Ashley/Sänger beim Gitarrenspiel. In einer Kutte ist es eindrucksvoller – gerade bei dieser Musik – wenn ich mich betont langsam bewege. Eben wie der Großmeister.
Definitiv schaue ich mir THE DEVIL & THE UNIVERSE erneut im November im Frankfurter „BETT“ an. *freu*
Die Slowenen von BORGHESIA waren leider eine Enttäuschung. Ich hatte mich auf ein Comeback der alten 80er Avantgarde-Elektroniker gefreut mit Stücken wie „On“ oder „Tako Mladi“ und was kam heraus: Rock (gut, aber nicht gut genug). Haben ja ein neues Album am Start („And Man Created God“), was ich noch nicht kannte, wollte mich live beeindrucken lassen. Aber auf der Bühne stand eine komplett neue, recht große Band – nirgends war ein Keyboard oder Synthie zu sehen. Elektronische Live-Nostalgie war also gar nicht möglich. Von den früheren Borghesia ist nur noch Dario Seraval als Sänger an Bord; Aldo Ivancic steht mittlerweile in der Halle am Sound-Mischpult. Schade, hiervon hatte ich mir einen elektronischen Throwback erwartet. Zu blauäugig!
Am Montag schaute ich noch ABSOLUTE BODY CONTROL in der AGRA. Feinster Synthpop von Dirk Ivens & Eric van Wonterghem, der etwas unterkühlt ist, aber Schweiß & treibend war! „Is there an exit…?“
Blau machen
Absolut gar nicht blauäugig war ich, was die blauen Stunden anging. Es war erneut mehr als wunderbar – sowohl am Donnerstag auf der Parkschlösschen-Wiese zum Einschwingen (da hätte es mal so eine laue Sommernacht sein können wie in den folgenden Tagen *brrrr kalt*) als auch am Montag zum Auspendeln, Abschwatzen, Entschwinden. Das lag an der düster verzauberten Atmosphäre und den lieben Menschen & guten Gesprächen. Mein größter Dank mal wieder an Frank & seine Freunde dafür! Bei Euch gibt es wirklich noch das, was ich als schwarzromantisch und Goth bezeichne. Mittlerweile selbst auf dem WGT nicht mehr so leicht zu finden.
Noch mehr stimmungsvolle Bilder von der Eröffnungsnacht der blauen Stunde gibt es in der Bildergalerie von Lucian Dark.
Zum Nachschwingen – Presse und TV
Der WDR Rockpalast war auf dem WGT, hat einige Konzerte live gefilmt (z.B. The Soft Moon, The Devil & The Universe etc.) und WDR-Ingo Schmoll hat einige Künstler auch interviewed, u.a. Anne Clark. Auf einer Sonderseite könnt ihr euch alle Videos ansehen. Der Zusammenschnitt wird als „WGT Festival Rockpalast Special„ im MDR am 9. Juli um 23:30 Uhr und im WDR am 21. Juli um 00:15 Uhr gezeigt.
Nachdem der MDR ja im vergangenen Jahr ganz finstere Grütze über das WGT produziert hat, haben sie sich 2014 für ihre Sendung „artour“ wesentlich besser aufgestellt. Immer noch mit einer ahnungslosen Moderatorin (aber erträglicher), die jedoch sehr gut ausgewählte Interviewpartner hat (Alexander Nym, Anne Clark und den WGT-Gründer Michael W. Brunner), denen sie auch nicht nur Schülerzeitungsfragen stellt. Der Bericht erfüllt sogar seinen Bildungsauftrag über die Entstehung der schwarzen Szene und des WGT. Frappierende 45min, die Grufties glücklich machen. Danke, MDR! Jetzt würde ich nur noch gern wissen, warum das bisher nicht geklappt hat?!
Wie die anderen Presseorgane sich über das 23. Wave-Gotik-Treffen ergossen haben, erfahrt ihr in Spontis‘ sehr gelungener WGT-Presseschau.
Was waren Eure Highlights des 23. WGT? Ich bin sehr gespannt! 😉
12 Kommentare zu „Treffenverwöhnt – mein WGT 2014“
Hey Shan,
erstmal wunderbarer Bericht zum jährlichen Treffen. Jetzt ärgere ich mich ja doch etwas die Konzerte zugunsten der Hitze, Kultur und Freunden etwas sausen gelassen zu haben.
Zu der Wärme es war tatsächlich einfach zu heiß. Viele von uns haben sich einfach ein bisschen verkrochen, weil wir sonst gestorben wären vor Hitze.
Zu den Partys und Konzerten kann ich jetzt nichts sagen, da ich letztes Jahr zum ersten Mal beim WGT war und keine großen Vergleichsmöglichkeiten.
Dann bin ich froh dich auch mal persönlich gesprochen zu haben (WWWY) und ich verspreche etwas mehr aktiv zu lesen 🙂
Liebe Grüße Kathi
Liebe Kathi,
hat mich auch echt gefreut, dass wir uns getroffen und auch mal kurz geschwatzt haben. 😉
Dann ’stick on here‘ und liebe Grusels
Shan Dark
@Schwarzer Nieswurz:
Danke für Dein Lob für das Saeldes Sanc Konzert. Ich habe in den letzten Wochen immer ein leichtes Grinsen vor Freude auf den Lippen, wenn ich Stimmen im Netz lese, die sagen, dass es DAS Highlight des WGTs war. Auch wenn es nicht zum offiziellen WGT gehörte, da der Freundeskreis Gothic Christ (übrigens eng verbandelt mit der Blauen Stunde) autark die Veranstaltung organisiert.
Ein leichtes Grinsen deswegen, weil ich zu Anfang erst skeptisch war, ob Saeldes Sanc wirklich in diese große, alte Kirche passen würde. Habe Hannahs Musik letztes Jahr bei der Recherche zu „Snowflakes II“ über die Leipziger Band Molllust gefunden und ihr spontan gleich eine Plattform auf jener Compilation gegeben, weil ich es so klasse fand.
Dann Ende 2013 kam dann die Idee während ihres Konzerts in Berlin Saeldes Sanc auf dem Gothic Christ auftreten zu lassen, was dann letztendlich auch klappte und es ist toll, dass daraus so ein grandioser Abend wurde. Maria und die anderen haben sich ja auch viel Mühe gegeben die Kirche passend und würdig herauszuputzen, das war schon ganz schön viel Arbeit.
Warst Du auch schon Nachmittags beim Gottesdienst und der Kontemplation? Dort haben Aurago und Lambda gespielt, ebenfalls zwei wundervolle Bands! http://auragomusik.de – http://www.lambda-band.de
Die sehr schöne Predigt von Patrick Thiele kann man sich hier anhören: http://www.gothicchrist.com/rueckblick.php?Gothicchrist=2014&Thema=Maske%20und%20Spiegel
Lambda werden dieses Jahr auch erstmals auf der „Snowflakes“-Compilation zu hören sein, worauf ich mich schon riesig freue!
Auf jeden Fall ist es schön, dass auch das Gothic Christ sich immer mehr herumspricht und auch nichtgläubige Menschen anspricht. Da freuen wir uns schon aufs nächste Jahr! 🙂
Bravo meine Liebe. Wie immer ein großartiger Artikel und zu „The Devil and the Universe“. Hammer Gruppe mit wirklich noch unendlich viel Potential. Bin gespannt was da noch so kommt. Ich hoffe euch geht es gut und vielleicht treffen wir uns ja beim nächsten WGT, oder ihr seid wieder in Wien. 😉
Dunkle Grüße an euch und auch an Eleonore. 😉
Nicht falsch verstehen: Die Leipziger stehen hinter dem WGT, nur wie ist es mit den „Amtsträgern“? Ich will echt keine Verschwörungstheorien aufstellen, aber ich traue Politikern und Behörden keinen Meter über den Weg. Leider kann ich mir einige Gründe vorstellen, warum ein „WGT am Stadtrand“ einigen ganz gut gefallen würde und ja, Gentrifikation spielt da auch eine Rolle…aber nun gut, das können wir nicht beweisen und eigentlich vermute ich eh‘ den kommerziellen Aspekt dahinter.
Das gilt insbesondere für das Thema Werk II. Auch hier nochmal: Ich glaube diese „Antifa-These“ nicht, das passt nicht hin. Sicher mag‘ es mal Stress gegeben haben, aber es gibt eben auch rechte Arschlöcher in unserer Szene und das wissen wir und die Antifa eben auch. Trotzdem würden sie nicht die schwarze Szene in Sippenhaft nehmen …also extrem unwahrscheinlich.
Ich vermute es war wirklich so. Die Betreiber des Werk II haben Bedingungen gestellt und die Treffen- und Festspielgesellschaft, als mittlerweile echtes Schwergewicht, hat diese Bedingungen nicht akzeptiert. Das hat ja in der Vergangenheit auch schon manche Band zu spüren bekommen und ich finde das auch ganz i.O. so. Mit dem Täubchenthal stand dann natürlich gleich die Alternative parat.
Dieses Jahr war’s mir aufgrund der Hitze auch relativ wurscht. Ich hatte keine große Lust durch die Gegend zu gurken. Agra, Parkbühne, Heidi-Dorf und MB waren da gerade recht und nachts eben die Locations mit „Außenbereich“ wie z.B. Noels Ballroom. Das die Theaterfabrik mörderisch war, wusste ich aus Berichten und deshalb hatten wir auch da nichts verloren. Ins Täubchenthal waren wir standesgemäß zum Montag. Ich mag Plagwitz und die Möglichkeiten dort, aber ich „reise“ auch gerne zwischen den Standorten hin- und her, aber ich möchte nicht das halbe Treffen in der Tram zu verbringen.
@Schwarzer Nieswurz,
aha, Saeldes Sanc – das habe ich noch von 2-3 Leuten gehört, soll sehr schön gewesen sein und gefällt mir auch – in besonderen Stimmungen. Sie hat wirklich eine schöne Stimme.
@Foxxi,
da kannst Du schon recht haben mit den Amtsträgern, auch wenn es hypothetisch ist. Wenn, dann aus kommerziellen Gründen. Weniger, weil wir jemanden verschrecken, sondern eher, weil die (Innen-)Stadt ja noch gut für andere Veranstaltungen genutzt werden kann, die zusätzlich Geld bringen.
Auch was das WERK II angeht, wird es so gewesen sein, wie Du vermutest. Dennoch spielt in die Ablehnung der Bedingungen (wir wissen ja nicht wie viel mehr Geld es hätte sein sollen) seitens WGT-Orga auch die Vorgeschichte mit Antifa und einiges an Ärger aus den Vorjahren mit hinein. Da nun die Alternative mit Täubchenthal lauerte, hat die Treffen- und Festspielgesellschaft sich da nicht verbogen und gleich zugegriffen.
Mit dem Noels Ballroom, da bedauere ich, dass es so heiß war. Wäre sonst sicher ein schöner Abend geworden. Aber die Tanzfläche war wirklich ein Backofen und man hielt es nur da außen im Garten einigermaßen aus. Schönes Pub, was ich auf jeden Fall noch mal aufsuche.
Das Konzert welches mich beim diesjährigen WGT ganz besonders faszinierte und sehr begeisterte war von Saeldes Sanc (mit Ernst Horn).
Die Sängerin und Ernst Horn saßen sich zeitweise gegenüber wie hier:
https://www.youtube.com/watch?v=MQWwV6mLtes
Manchmal war noch eine Violine oder eine zweite männliche Stimme dabei.
Bilder davon:
http://www.urbanite.net/de/leipzig/bildergalerien/saeldes-sanc-ernst-horn-wgt-2014-leipzig-08-06-2014
oder auch hier:
http://www.saeldessanc.com/#!gallery/cff9
Fünf schöne Musikstücke kann man hier hören:
http://www.saeldessanc.com/
Was wäre noch zu schildern an Zauber und Brillianz der Stimme dieser Hannah Wagner, und der gelungenen Instrumentierung ?
Der E. Horn war erkennbar selber sehr begeistert. Zuletzt packte er die Sängerin kurz bei den Schultern um sie sanft zu schütteln, ließ sie los und führte für einen Augenblick eine Art Tanz auf. So habe ich ihn noch nie gesehen. Doch Allen auf der Bühne war die Spielfreude anzumerken. Zumal die große und bestuhlte Peterskirche auch ein sehr geeigneter Ort für so ein Konzert war.
Entspannt saßen wir mit gutem Blick auf der erhöhten Bühne und hatten Gelegenheit während dieser Musik alles andere zu vergessen.
Um diese Abendzeit in der Kirche war es nichtmal zu warm !
Helleborus niger
Apropos Werk 2: Ich hatte diese Story auch gehört, allerdings habe ich eine gewisse Nähe zur Antifa und bin deshalb etwas skeptisch, ob dies wirklich der Grund ist…
(Einem Uniformfetischisten in SS-Gelumpe misstraue ich auch grundsätzlich und manche haben den Schuß auch wirklich nicht gehört.)
Vielmehr wurde mir öfters von kundiger Seite zugetragen, dass die halbe Szene ziemlich sauer auf die Betreiber des Täubchenthals sind, da diese mit Ihrere Location und demenstprechenden Angeboten sehr viel Konzerte u.ä. aus den angestammten Gefilden abziehen. Die MB soll auch sehr darunter leiden.
Anderen Aussagen zufolge soll es mal wieder um’s liebe Geld gehen. Die Treffengesellschaft mietet das Werk II für die gesamte Zeit komplett an. Die Betreiber wollten wohl eine Offenlegung der Zahlen erzwingen und die Treffengesellschaft hat wohl ein eindeutiges „Njet“ signalisiert.
Beide Argumente klingen für mich nachvollziehbar, nachvollziehbarer zumindest als die Antifa-Story.
Für mich war es auch das heißeste WGT, aber ich war ja bis jetzt nur 11x da. Nur ein M’era Luna (2003) war noch heißer 🙂
Zum Glück war ich dieses Jahr so auf Retro gebürstet, dass meine Klamottage aus schönen Old-School-Goth-Wallewalle-Outfits bestand und somit wenigstens im Ansatz das Ganze erträglich machte. Unnötig zu erwähnen, dass jede Schminke maximal 4,37 Minuten hielt, nämlich die Zeit, die wir zur Tram benötigten.
Für mich ist das „Treffen“ ein Treffen und deshalb kann ich auch mal Fünfe gerade sein lassen, wenn’s darum geht statt dem Tanzbein das Steißbein zu belasten. Sehen wir den Tatsachen in’s Auge: Es war zu heiß für Party, aber ich bin da im Gegensatz zu Dir auch sehr empfindlich. Dann eben „gemütliches“ Beisammensitzen bei Schwarzbier, kaltem Met und Rotwein.
Was die Locations anbelangt: Mir fehlt das Werk II sehr…ich bin eben in meinem Alter ein wenig traditionalistisch und ich habe immer die Achse MB -> Werk II -> Agra geschätzt.
Sicher ist das Täubchenthal auch eine schöne und passende Örtlichkeit, ABER VIEL ZU WEIT WEG. Überhaupt… lag es am Wetter oder warum hatte ich das Gefühl, dass die „Schwärze“ im Stadtbild diesmal weniger sichtbar war? Ein Grund könnte natürlich tatsächlich die Verlagerung der Örtlichkeiten aus dem Zentrum an die Peripherie sein. Das fände ich natürlich sehr, sehr schade. So fängt es meistens an, wenn die „Stadt“ satt ist und meint sich alles erlauben zu können. (Ich bin Berliner und habe schon einige Veranstaltungen den Bach runter gehen sehen, weil die Sichtbarkeit zugunsten der vermeintlich besseren Logistik Schaden nahm.)
„Mich zu begeistern wird zunehmend schwieriger … „
Das WGT ist mein persönliches Highlight des Jahres und deshalb bin ich mittlerweile eine Woche vor „Anpfiff“ schon depressiv, dass es bald wieder vorbei ist 🙂
Ernsthaft! Ich benötige im Anschluss Tage und mitunter Wochen um mich wieder in die Realität einzufinden. Möge das Leben ein einziges großes WGT sein und dieses verdammte Tageslicht endlich immerwährender Nacht weichen… ich wäre glücklich.
Hey Foxxi & hallo nach Berlin,
bist Du denn immer noch im WGT-Blues oder geht es schon wieder besser?
Leider haben wir uns dieses Jahr nicht gesehen oder Du warst echt dieses Jahr „so auf Retro gebürstet“ (schöner Ausdruck), dass ich Dich gar nicht erkannt habe.
Gut, dass Du entspannt das Tanzbein gegen das Steißbein *haha* tauschen kannst, mir gelingt das eben nicht so ohne Weiteres, zumindest nicht, ohne danach das Gefühl zu haben, etwas verpasst zu haben. Mein Steißbein belaste ich den Rest des Jahres ja schon genug. 😀
Was WERK II und Täubchenthal angeht: Ich glaube, Du bist nicht der Einzige, der dem WERK nachtrauert. Noch ist ja nicht klar, ob es nicht nächstes Jahr wieder dabei ist. Wiederum ist meine Info und das glaube ich nach der Stormfagel-Aktion von vor einigen Jahren im UT Connewitz auch sofort, dass die es durchaus übertrieben haben mit ihren Ansprüchen. Für krasse Uniformen habe ich Verständnis, aber die Leute mussten z.T. ihre Runenstecker abmachen oder wurden in DIJ-Shirts nicht an der Theke bedient. Da bügelt man ohne tiefere Grufti-Szene-Kenntnis zu viel über einen Kamm. Insofern ist es doch auch OK so für beide Seiten: Wenn die Leute vom WERK ein (politisches) Problem mit uns hatten, dann ist doch jetzt Ruhe. Sollen sie wie gesagt sehen wo sie bleiben und Antifa-Festivals veranstalten. Niemand muss sich mehr einschränken oder hat Stress – wir nicht, Werk nicht. Und ja, es ging auch ums Geld. Aber mit welchem Recht fordert das WERK die Offenlegung der Finanzen?
Was Du mit dem Täubchenthal erzählst, das kann ich mir gut vorstellen. Ist nun mal eine tolle Location und die zieht sicher Leute ab von Connewitz und MB. Ist aber mMn auch der übliche Beißkampf sobald jemand neu aufs Tapet tritt in einer kleineren Stadt als Berlin. 😉
Ja, wir hatten auch spekuliert, ob die Stadt uns Grufties weiter raus haben will. Auch das mit dem Stadtfest wäre ein Argument dafür. Ich habe mit meinen Leipziger Freunden gesprochen, sie meinten, an der positiven Einstellung gegenüber den SChwarzen seitens STadt und Bevölkerung habe sich nichts geändert. Alles wäre beim Alten, alles gut. Nur weil das Stadtfest nun mal immer am 1. Juniwochenende stattfindet, wollte man es aus organisatorischen Gründen dieses Jahr nicht verschieben. Wir sollten das aber mal weiter beobachten.
Dennoch denke ich, dass unabhängig vom WGT die junge, kultige Szene und auch Subkultur jetzt schon und in Zukunft nach Plagwitz wandert. Erstens gibt es in Plagwitz noch die ollen Industrieruinen, wo man günstig und kultig zugleich Parties und Events stattfinden lassen kann. Zweitens kann man dort wo sich Täubchenthal und DHF befinden kaum Anwohner stören (Lautstärke etc.) und drittens ist Connewitz mittlerweile mit Kreuzberg vergleichbar. Hier wohnen die arrivierten Familien und nicht mehr wie früher die Punks und Hausbesetzer. Städte im Wandel. Manchmal „leider“.
Liebe Shan Dark,
ich vermute, das heißeste WGT war jenes aus dem Jahr 2000 was dann auch noch eingestürzt ist (Chaos-WGT).
Damals spielten noch Bands vor dem Völkerschlachtdenkmal (abgesperrte Straße). Es war es glühendheißer Tag, laut Wetterbericht 38°C Lufttemperatur, aber der Asphalt schien 70°C zu haben – und niemand stand darauf. Marc Almond spielte seinen Auftritt auf der Bühne vor der weiten menschenleeren hitzewabernden Asphaltfläche, und hunderte von Leuten standen unter den entfernten Reihen der Straßenbäume und schauten zur Bühne rüber.
Da kann ich gleich zum von Dir genannten Problem kommen: wenn man oft genug auf dem WGT war dann hat man alles schonmal erlebt, besser oder eben heißer. *lach*
Gilt das nicht fürs das ganze Leben ? Für Urlaube, Touren, Partys, Lese-Erlebnisse, sogar die Freunde waren früher vitaler und begeisterungsfähiger.
Sehr schön auf den Punkt gebracht, und in genialer Musik vertont von David Gilmour:
The grass was greener
The light was brighter
With friends surrounded
The nights of wonder.
Es bleibt kein Zweifel; dieses Problem ist nicht nur unseres, und schon gar nicht ist es aufs WGT beschränkt.
Übrigens war auch ich genau 14x auf dem WGT. Und ich trauere dem Parkschlösschen nach und dem Spiegelpalast. Die volle Wahrheit jedoch ist, daß es viele Jahre lang weder die Romantischen Tanznächte gab und damit auch die genannten schönen Lokale nicht. 2001 gab es auch kein Beyerhaus und keine Blaue Stunde. Auch die hochwillkommene Blaue Stunde am Donnerstag auf der Wiese macht Frank erst seit schätzungsweise vier Jahren.
Liebe Shan Dark, so nebenbei triffst Du den Kern des Problems wenn Du schreibst „Mich zu begeistern wird zunehmend schwieriger … „
Aber das wäre ein Thema für sehr lange Nächte oder 35 Seiten lange Briefe.
Zu dem Bild: Das ist ja witzig, genau so saßen Hexe und ich in diesem Panemoke, an derselben Stelle 🙂
Daß sich das das WGT immer weiter von Connewitz entfernt wird wohl daran liegen, daß die dortige Antifa zu der Grufieszene feststellt „Wir wollen euer Gedankengut hier nicht!“ nachdem es vor vielen Jahren sogar zu gewalttätigen Angriffen kam erhöhte die Stadt Leipzig die finanziellen Zuwendungen für die Connewitzer Antifa, da war wieder Ruhe. So funktioniert eigentlich Schutzgeld.
Helleborus niger
Lieber Nieswurz,
danke Dir 😉 und ich gebe Dir recht bei: „Da kann ich gleich zum von Dir genannten Problem kommen: wenn man oft genug auf dem WGT war dann hat man alles schonmal erlebt, besser oder eben heißer.“
Mich zu begeistern ist allerdings gar nicht so schwierig. Da brauchte es am Freitag nach Pfingsten z.B. nur einen 59-jährigen Billy Idol auf der Bühne und ich war hin und weg (musikalisch, performancemäßig, und zugegeben auch optisch). 😀 Konnte man im letzten Jahr noch sagen: naja, wir haben nicht immer die richtige Konzert-/Bandauswahl getroffen, weil unvorbereitet oder Zufall, so ist das zumindest bei mir in diesem Jahr nicht der Fall gewesen. Ich war soweit schon vorbereitet. Die einzigen zwei Bands, die ich leider verpasst habe, sind Azar Swan (lief parallel mit etwas; wart Ihr bei dem Konzert?) und No Sleep By The Machine (von denen mir Marcus Rietzsch und einige andere vorschwärmten).
Es ist nicht schwer, weil ich per se schwer zu begeistern bin, sondern weil ich schon zu viel Gutes gesehen habe. Vielleicht sollte ich meinen internen Vergleichsmodus mal etwas herunterschalten, damit es etwas einfacher wird. Aber im Allgemeinen bin ich ein Freund von hoher Qualität, subjektiv gesehen, leider bei allem – auch bei Musik, Performances und Stimmungen. Ich kann und will da auch nicht aus meiner Haut. Manche neue Sachen sind besser, wie mMn das Täubchenthal vs. Werk II und die blauen Stunden, anderes wird gefühlt schlechter (Parties). Die Parties sind mir auch musikalisch zu ’spitz‘ mittlerweile i.S.von zu wenig abwechslungsreich in ihren Richtungen: nach 2h WWWY mit Gitarrengeschrammel und GoffRock bin ich weich, hier wäre es schön auch mal zur Abwechslung etwas Synthpop oder Minimal einzustreuen. Oder in der Embeh nur Dark Electropop mit Depeche Mode und Stücken, die man schon 1.000 gehört hat. Oder im Pamanoke Keller an dem ABend als wir da waren nur Noise und Ritual (das fand ich gut, kann ich aber auch nur eine gewisse Zeit ertragen). Früher war mehr Mischung und Entdeckung ;). Es liegt natürlich auch immer am DJ und ob man den richtigen Abend erwischt.
Aber ich will nicht klagen, retrospektiv war es nicht schlecht, hätte allerdings besser sein können – so wie in den Vorjahren.
Das zum Werk II habe ich so ähnlich auch gehört. Es wird was dran sein. Sollen sie sehen wo sie bleiben.
Was mich aber noch interessieren würde: Was waren denn Deine Highlights dieses WGT?