BIMbastisch!

BIMFEST 2012 – Antwerpen

Wie unspektakulär! Der 14.12.2012 hatte frühlingshafte Temperaturen von 10°C plus und Regen. Kein Schnee, kein Eis auf der Straße und schon gar nicht so kalt wie sonst, wenn wir zum BIM-Festival nach Antwerpen fuhren. Stattdessen war aber die Gesellschaft aufregend: drei verrückte Männer und ich. Es gab viel zu lachen und ein derber Scherz folgte dem anderen. Als wir endlich bei strömendem Regen vorm TRIX-Club in Antwerpen ankamen, schmerzten mir schon die Mundwinkel vom Rumblödeln. Ich freute mich auf Electro, bei dem man nichts zu lachen hat.

“We are family” :) goes BIMFEST v.l.n.r.: Shan Dark, r@zorbla.de, Martin Destroyer, M.Synthetic - den Weihnachtsbaum mussten wir leider zensieren!
“We are family” 🙂 goes BIMFEST v.l.n.r.: Shan Dark, r@zorbla.de, Martin Destroyer, M.Synthetic – den Weihnachtsbaum mussten wir leider zensieren!

 

2010 hatte es bei mir BIM gemacht. 🙂 Das BIMFEST (Belgian Independent Music Festival) ist ein kleineres, kultiges Festival mit Schwerpunkt auf elektronischer Musik, organisiert von der belgischen EBM-Familie rund um Bodybeats Productions (Antwerpen).

Dirk Ivens aka DJ Skullscraper
Dirk Ivens aka DJ Skullscraper

Dirk Ivens von The Klinik (+Sonar, Dive, Absolute Body Control) stand auch dieses Jahr wieder hinter dem DJ-Pult und beschallte das TRIX mit genialer Musik während der Umbaupausen. Leider war er nicht wie 2010 Dirk „Evening“ und legte bei der Aftershow-Party auf. Die wäre vielleicht mit seinem DJ-Set noch besser gewesen, denn bei Dirk Ivens aka DJ Skullscraper gibt es öfters das ein oder andere unbekannte Stück zu entdecken. Aber trotzdem waren Party & Electronic Sounds nach den Konzerten sehr gut und wir tanzten an beiden Tagen bis morgens halb vier.

Apropos Electronic Sounds: Das Programm und Line-Up war wie auch schon in den letzten Jahren hervorragend und hochkarätig. Beim BIMFEST 2011 habe ich jedoch trotz genialer Electro-Bands wie Severed Heads, Clock DVA und deren multimediales Seitenprojekt The Anti Group, Suicide Commando, Pouppée Fabrikk und Pankow (yeah!) keinen Konzertbericht über das BIM geschrieben. Das hatte nicht nur zeitliche Gründe.

Sondern ich war 2011 am zweiten Festivaltag total genervt von der ewig gleichen Bühnenpräsentation der elektronischen Bands, dass ich darüber gar nichts Interessantes hätte schreiben können. Auf der Bühne standen permanent 3 Leinwände an ein und derselben Stelle, die bei jedem Auftritt mit mehr oder weniger guten Videoprojektionen bespielt wurden. Scheinbar geht es nicht mehr ohne Video“show“. Davor standen meist ein oder mehrere Macbooks auf einem Ständer, hinter denen dann die Bandmitglieder irgendwas machten. Bei Severed Heads, Section 25 und vor allem Pouppée Fabrikk waren immerhin auch Keyboards auf der Bühne. Erfreulich. Und Pankow sowie Section 25 hatten sogar ein Schlagzeug dabei als rühmliche Ausnahmen. Außerdem haben eben Pankow, Suicide Commando und Front242 auch saugute Frontmänner, die das Publikum mitreißen und begeistern.

Über den Dächern von Antwerpen
Über den Dächern von Antwerpen

Aber wenn eine Show nur aus Videoprojektionen und Macbooks auf Tischen mit Musikern dahinter besteht, dann ist das keine Show, schon gar keine Performance, sondern es ist einfach nur langweilig. Ich hatte das 2011 bei mehreren Electro-Acts hintereinander und ich fühlte mich irgendwann verarscht. So billig will ich nicht unterhalten werden.

Sicher ist es nicht einfach, elektronische Klangwelten, die vielleicht mehrheitlich am Computer entstehen live rüberzubringen. Aber viele Bands können es auch. Es ist wie bei anderen Sachen auch: man muss sich eben etwas einfallen lassen, was in Erinnerung bleibt. Bei einem Konzert ist die Musik natürlich wichtig, aber wichtiger ist mir noch, wie die Musiker ihre Songs präsentieren und dass auch etwas vom Können und der Persönlichkeit der Musiker rüberkommt. Wenn ich als Zuschauer aber eh nur auf einen leuchtenden Apple und ein paar Leinwände mit bewegten Bildern starren darf, kann ich mir die Musik gemütlicher daheim anhören.

Dabei kann elektronische Musik sogar ohne Videoprojektionen live funktionieren, wie man an The Invincible Spirit bei diesem BIMFEST sieht. Eben entweder durch einen guten Frontmann/-frau oder durch ‚echte’ Instrumente on stage oder in dem man eben zeigt, was man da am Computer und Soundgerät macht (wie Chris Carter z.B. bei seinen Auftritten). ODER durch wirklich visuell packende Projektionen, die mit der Musik verschmelzen und Geschichten erzählen. Wie bei Job Karma – unserem ersten Konzert beim BIMFEST 2012, zu dem wir nach 4h Fahrt leider leicht verspätet im TRIX eintrafen.

Job Karma

Job Karma (Polen)
Job Karma (Polen)

Die zwei polnischen Soundbastler Job Karma machen auf der Bühne eigentlich genau das, was ich gerade angeprangert habe: Macbook & Soundgeräte auf einem Tisch und dahinter eine Videoprojektion. Doch mit dem großen Unterschied, dass es sich hier um eine Symbiose von VideoKUNST und Musik handelt, in der man sich verlieren kann. Job Karma’s endzeitlicher Ambient Industrial vertont die düsteren Welten und bedrohlich-schrägen Wesen auf der Leinwand. Alle Stücke fließen wie eine unendliche Geschichte ineinander.  Ohne Pause. Ein durchgehender Trip, der mich gefangen nimmt und zum Nachdenken anregt. Wenn ihr euch das komplette Video anseht, wisst ihr was ich meine.

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Portion Control

Shout it out: John Whybrew (Foto: Dani Vorndran - Black-Cat-Net)
Shout it out: John Whybrew (Foto: Dani Vorndran – Black-Cat-Net)

The mighty Portion Control. Ich habe sie nun schon zum 3. Mal live gesehen und sie kicken. Aber richtig! Bewegung pur. Auf der Bühne und davor. Das liegt am Frontmann John Whybrew, der seine Songs dermaßen kraftvoll und energiegeladen in die Menge shoutet, dass ich mich spontan alt fühle. Nicht zu glauben, dass Whybrew schon über 50 ist. Portion Control gründeten sich 1980, lösten sich aber 1987 nach sieben guten Alben auf. Zum Glück fanden sie 2004 wieder zueinander. Portion Control haben viele große Bands beeinflusst, u.a. Front 242 und Frontline Assembly. Sie hätten eigentlich mehr Beachtung und Erfolg verdient, sind aber bis heute die Underdogs der Electro-Szene geblieben. Also: Jeder, der treibenden, abwechslungsreichen EBM in Bein und Eingeweiden spüren möchte, sollte sich die beiden letzten Alben „Violently Alive“ und vor allem „Pure Form“ von 2012 zu Gemüte führen. Und natürlich die Band live sehen.

Wenn ich mir von Portion Control etwas wünschen könnte, dann wäre es in concert nicht nur konstant das volle Brett, sondern auch mal etwas Backprogramm, z.B. „Tex-Mex“.

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Beim Headliner des ersten Abends TEST DEPT:REDUX muss ich zugeben, dass ich keinen Song kannte. Vorher. Das Konzert – technoider Wardance mit vielen Samples – und die kaum vorhandene Show bewegten mich aber auch nicht dazu, mich musikalisch weiter zu bilden. Es tut mir leid.

The tickets are drunk - not us! ;)
The tickets are drunk – not us! 😉

Danach war Paaaaarty im TRIX und tanzen und mit Leuten schwatzen. Interessant finde ich immer wieder das belgische Getränkesystem, das ich sowohl hier beim BIMFEST als auch beim Sinners Day Festival erlebt habe. Man kann nicht einfach an die Theke gehen und einen Drink kaufen. Nein, man muss zuvor „Bons“ kaufen zu einem einheitlichen Preis von ca. 2,20-2,50 € pro Bon. Diese tauscht man dann an der Theke gegen Getränke. Ein Bier, Cola, Wasser, Saft, Rotwein kostete 1 Bon, Cocktails 3 Bons. Das hat den Vorteil, dass die Jungs & Mädels hinter der Theke nicht mit Bargeld herumhantieren und rechnen müssen – es geht schneller für den Gast. Sie bekommen aber auch kein Trinkgeld. Wiederum ist durch die Bons für die Veranstalter ein gewisser Thekenumsatz sicher und gebunden, egal ob alle eingelöst werden oder nicht. Leider verbinden das die Belgier nicht mit einem Becherpfand. Bei großen Konzerten watet man so am Ende wie durch einen Sumpf weggeworfener, zertretener Plastikbecher und das erzeugt in der Masse einen gewissen Sound, den man sogar als Sample für einen Song nutzen könnte.

15.12.2012 – Der 2. BIMFEST-Tag

Wir fielen aus dem Bett, nahmen im Café „Le Pain Quotidien“ (sehr empfehlenswert!) um die Ecke einen schnellen Kaffee zu uns und wollten dann mit dem Taxi knapp auf Zeit gepresst möglichst schnell zum TRIX-Club. Dort eröffneten Metroland 14 Uhr mit ihrem Konzert den 2. Festivaltag. Leider gerieten wir an einen insuffizienten und noch dazu unverschämten Taxifahrer, der sich offensichtlich in ganz Pakistan besser auskannte als in Antwerpen. Als wir mit 15min Verspätung endlich vorm Club ankamen, verlangte er auch noch den kompletten Preis für die verfahrenen Kilometer. Frechheit! War ja nicht unsere Schuld! Wir gaben ihm das, was wir sonst für die Strecke bezahlt hatten (ca. 10 € weniger) und stiegen dann aus. War jetzt die Antwerpener Taxi-Mafia hinter uns her? Ach, wegen 10 € machen die sich ihre Finger nicht blutig!

Metroland

Für Metroland waren – wie man sofort hört – Kraftwerk die Inspiration. Die beiden Metroland-Klangerzeuger Passenger A+S waren 20 Jahre Mitglieder der belgischen EBM-Formation Ionic Vision.

Irgendwie ging es hier um "Verkehr"...
Irgendwie ging es hier um „Verkehr“…

Es war der erste Live-Auftritt der Band und ich muss sagen: überzeugend war er (leider) nicht. Schade, denn die Musik ist wirklich gut. Man bekommt einen ziemlichen Zeitreise-Flash zurück in die frühen 80er. Aber dennoch wollte bei mir der Funke nicht recht überspringen. Wieder waren da zwei Apple-Computer hingeflaggt – zur Abwechslung mit roten Sleeves – hinter denen die rot-beschlipsten Passengers A+S wie angewurzelt standen, ab und zu sangen und irgendwas machten. Wie ich in diesem Interview mit Metroland erfuhr, programmieren sie ihre Stücke mit der Musiksoftware „Reason“ (von Propellerhead), also nicht wie ihre großen Vorbilder analog. Gut, das muss nicht sein, hätte aber für etwas mehr Abwechslung in der Bühnenshow gesorgt. Diese bestand nämlich nur aus Videos über Straßen-, Bahn- und Personennahverkehr, was jetzt nicht so die aufregenden Verkehrsarten sind. 😉 Das Auge hatte wenig, an dem es sich erfreuen konnte. Was mir fehlte war etwas Überraschendes, Mitreißendes. Übrigens auch im Sound. Fazit: Metroland sollten an ihrer Livehaftigkeit arbeiten. Musikalisch ist es genau das, was im Moment gefragt ist. Der Erfolg lauert also.

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Nach diesem Konzert hatte ich „befürchtet“, dass es auch heute auf der Bühne mit der Tisch-Laptop-Fraktion weitergehen würde. Aber zum Glück durchbrachen Ulterior (UK) den Teufelsschaltkreis. Doch wir wollten etwas Fett jagen in der Innenstadt von Antwerpen (Pommääääs!) und verließen daher das TRIX nach dem 3. Song von Ulterior. Danach war ich mir jedoch mit Herrn r@zorbla.de einig, dass der Ulterior-Frontmann von irgendwas einen Pegel hatte und eine sexuelle Beziehung mit dem Mikrofonständer pflegte. Musikalisch aber nicht schlecht und handmade Rock von Gitarre und Schlagzeug. Weit und breit war kein Macbook auf der Bühne zu sehen. Eine Wohltat!

7JK – Projekt von Sieben & Job Karma

Matt Howden - der Stargeiger vom BIMFEST 2012
Matt Howden – der Stargeiger vom BIMFEST 2012

Der Abend wurde mit jedem Konzert besser. Zum Beispiel mit Matt Howden (SIEBEN, Ex-Sol Invictus) und den Elektronikzauberern von Job Karma, die sich für ein hoffentlich langlebiges Projekt zusammengeschlossen haben. Der Geigersänger Matt Howden hatte mich gleich nach dem ersten Stück in seinen Bann gezogen. 7JK = eine sehr eigene Stimme, Neofolk-Einflüsse, virtuoses Geigenspiel, gepaart mit disharmonischen Industrialklängen. Eine fein abgestimmte Mischung, wie ich sie noch nie zuvor gehört habe. Sie hüllte meinen Geist, Seele und Körper düster und wohlig ein. Wunderbar!

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The Invincible Spirit

the-invincible-spirit-bimfest-2012Eine der ganz wenigen Bands, die es mit ihrer Musik schafft, die ältere und jüngere Electro-Generation zu vereinen. Nicht nur beim Hören, auch beim Tanzen! Dark Electro Wave, der schon in den 80ern saß und Vorreiter war für Bands wie z.B. Project Pitchfork und der musikalisch so ‚gestrickt’ ist, dass er heute fast „modern“ klingt. Auch wenn das letzte Album von The Invincible Spirit zusammen mit The Fair Sex (The Invincible Sex) leider schon 8 Jahre her ist. Aber es gibt Hoffnung auf neues Material (juhu!).

the-invincible-spirit-thomas-luedke-bimfestDass The Invincible Spirit nicht nur mit ihrem Überklassiker „Push“ bekannt sind, wird gleich bei den ersten Klängen des Openers „Love is a kind of mystery“ klar. Auch eines meiner Lieblingsstücke. Das Publikum in der Halle setzt sich sofort flächendeckend in Bewegung und dieses Level halten TIS bis zum Ende des Konzerts. Show & Party pur!

Thomas Lüdke hat eine unglaubliche Bühnenpräsenz. Ich kann aber nicht genau sagen woran das liegt oder wie er das macht. Er schreitet eigentlich nur daher, unterstreicht den Gesang manchmal mit Armen und Mimik und shoutet uns an. Das aber mit einer derart starken Stimme, dass ich diese noch auf meine persönliche Männerstimmen-Bestenliste setzen muss – längst überfällig (zusammen mit Milan Fras – Laibach, Pete Steele – Type-O-Negative, Adrian Smith – Click Click, Bart Azijn – Aimless Device & Nivek Ogre – Skinny Puppy).

Sänger Thomas Lüdke in Action
Sänger Thomas Lüdke in Action (Foto: Dani Vorndran – Danke!)

Statt Video gab es eine unaufdringliche Tanzperformance weiblicherseits im Hintergrund der Bühne. Animieren musste uns zum Tanzen eigentlich niemand. Bei „Push“ habe ich mal gefilmt, wie wirklich ALLE dazu abgegangen sind. Insgesamt ein klasse Konzert und eines meiner Highlights vom BIMFEST 2012.

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Blancmange

Männer, die für 80er Pop-Legenden schwärmen – ich war umzingelt von ihnen! Blancmange waren nämlich der musikalische Hauptgrund für meine drei Begleiter zum BIMFEST zu fahren. Mal abgesehen von der scharfen Samurai-Pommes-Soße, die bei r@zorbla.de wohl auch eine nicht unwesentliche Rolle gespielt hatte. 😉

Blancmange: Neil Arthur voll konzentriert
Blancmange: Neil Arthur voll konzentriert

Blancmange eröffneten etwas unvermittelt gleich mit dem Lieblingsstück meines Freundes „Game above my head“. Sänger Neil Arthur (das einzige Original noch in der 2-Mann-Band) hat einen stechenden Blick und eine unverwechselbare Stimme. Einmal ist er hoch angespannt völlig in seiner Musik komplett mit Gestik und Mimik, ein andermal läuft er tiefenentspannt-lässig umher, macht Bilder vom Publikum und eilt dann zurück zum Standmikro, um seinen Einsatz nicht zu verpassen. Ich fand das lustig und manchmal vielleicht einen Tick zu locker. Aber jedenfalls war es keinen Moment langweilig. Zu den Blancmange-Songs und Hits wie „Blind Vision“ konnte man durchweg abtanzen, übrigens auch zu denen ihrer neuen CD „Blanc Burn“. Das Beste kam aber wie so oft zum Schluss. Blancmange haben 1984 den ABBA-Hit „The Day Before You Came“ gecovert und ich liebe ihn! Niemals hätte ich für möglich gehalten, dass sie auf einem Electro-Festival ABBA spielen. Ich war völlig von den Socken und musste das unbedingt filmisch festhalten (obwohl ich lieber getanzt hätte). In den letzten, träumerisch-tragischen Takten des Stückes verabschiedete sich Neil Arthur und verließ die Bühne…

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Peter Hook & The Light

The shadow of Joy Division: Peter Hook kommt auf die Bühne
The shadow of Joy Division: Peter Hook kommt auf die Bühne

Wo kamen nur die vielen (netten) EngländerInnen dieses Jahr im Publikum her? Darunter einige Oldschool-Waver-Idole (haartechnisch gesehen) mit Joy Division-Shirts. Ich muss gestehen, dass mir zwar Peter Hook als ehemaliger Bassist von Joy Division ein Begriff war. Aber was erwartet einen da? Und warum ist die Band Headliner bei einem Electro-Festival? Es war nicht so ganz schlüssig. Zum Glück schlaute mich zwei Wochen vor dem BIM Blogger-Freund Marcus Rietzsch auf, der Peter Hook & The Light dieses Jahr bereits 2x gesehen hat. Er sagte mir, dass Peter Hook ausschließlich Joy Division Songs spielen. Na, das klang ja mal gut – aber ich und die Männers, wir waren trotzdem skeptisch. Kann gut sein, muss es aber nicht. Und über die Stimme von Peter Hook hat man ja auch schon geteilte Meinungen gehört.

peter-hook-the-light-bimfest-2012

Kurz gesagt: Peter Hook & The Light haben mich weggefegt! Und nicht nur mich – ALLE! What a blast! Der Funke sprang gleich beim 2. Stück des ersten Joy Division Albums „Unknown Pleasures“ über, das sie komplett spielten. Düster, punkig, rotzig und dabei handwerklich hervorragend!! Wie alle um mich herum, bewegte man sich wie in Trance… als würden Joy Division wirklich noch einmal live auf der Bühne stehen. Ich hätte es nicht für möglich gehalten. Auch wenn Peter Hook keinen Ian Curtis ersetzen kann. Statt der ekstatischen Bewegungen von Ian gibt er eher den Rocker & Punker ab. Die Stimme fand ich hingegen gar nicht so verkehrt, auch wenn sie anders klingt. Immerhin hat Peter Hook auf dem ersten New-Order-Album „Movement“, das noch stark nach Joy Division klingt, auch einige Stücke gesungen. In der Zugabe spielten sie dann auch noch einige Stücke von der „Closer“. Nach wohl knapp 1,5h verabschiedete sich Hooky mit einem freundlichen „Fuck You!“ als Ansage zu „Love will tear us apart“. Verschwitzt, fassungslos und glücklich schauten wir vier uns nach diesem genialen Headliner an und mussten erstmal einen drauf trinken!

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Der zweite BIMFEST-Tag war wirklich der Hammer gewesen. Mal abgesehen von der sauguten Bandauswahl jedes Jahr ist das BIMFEST aber immer eine Reise wert: es geht um Musik, nicht um „Gothic-Schaulaufen“, sondern einfach ums Spaß haben, tolle Bands sehen, sich mit Bekannten um den Hals zu fallen, weil man sie fast ein Jahr nicht gesehen hat und es geht auch um die fettigste Sache der Welt: F**king good Pommes!

 

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4 Kommentare zu „BIMbastisch!“

  1. Also ich brauch nicht unbedingt Blancmange und Samurai-Soße um zum BIMfest zu fahren. Immerhin bekam ich ja einen Haufen anderer guter Musik, sowie ausreichend schlechte Bands zum Verschnaufen zwischendurch. Und den letzten Mojito. Hahaaa. Mit Wodka, weil der Rum alle war. Und doppelt doppelt, weil die Flasche grad fast alle war, und der Cocktail-Bastler einfach den Rest ins Glas schüttete. BIM!

    Ansonsten kann ich mir nur anschließen: Metroland witziges Konzept, aber eher sparsame Präsentation. Job Karma gut, aber irgendwie auch ohne nachhaltige Erinnerung. 7JK, Portion Control, Invincible Spirit, Blancmange, Peter Hook & The Light: Hervorragend – insbesondere Stimmungsmäßig.

    Ansonsten: Nothing but Noise passte mir zum Teil und zum Teil nicht, war aber auch langweilig präsentiert. Underviewer fand ich trotz Front-Gummiball einfach nur doof. Präsentationsmäßig wäre Icon of Coil vermutlich noch OK gewesen.

    Insgesamt war es dieses Jahr Bühnenpräsentationstechnisch besser als 2011 (mal abgesehen von Poupee Fabrikk die alleine wegen ihrer körperlichen Größe quasi überragend waren).

    Aber eins fehlte dieses Jahr doch: das Promi-Frühstück 😉

    1. Ich weiß, gute Gesellschaft reicht Dir 😉 und entstellte Cocktails. BIM! 😀 Wann hat man schon je von einem Mojito mit Wodka gehört.^^

      Du hast recht – das Promi-Frühstück hab ich auch vermisst! Ich weiß auch über wen ihr drei Männers Euch am meisten gefreut hättet und dass es (ausnahmsweise) keine Frau gewesen wäre… 😉 Müssen wir mal sehen, wie wir das beim nächsten Mal organisieren. Stattdessen gab es ja zum Ausgleich eine aufregende Schildkrötenwanderung…

  2. Peter Hook & The Light würde ich mir jederzeit wieder anschauen. Wahrscheinlich sogar mit New-Order-Stücken im Gepäck. Und dies obwohl ich den einzigen Auftritt von New Order, den ich bisher erlebt habe, eher als ermüdend in Erinnerung habe.

    Deine Eindrücke, was den Auftritt so mancher Electro-Band betrifft, kann ich gut nachempfinden. Ein guter Frontmann macht hier viel aus und lässt das alles andere als spektakuläre „Knöpfchendrücken“ in den Hintergrund rücken. Ebenso erfreut es mich, wenn ein richtiger Schlagzeuger für einen satten Livesound sorgt. Leider kommt dies viel zu selten vor. Mich ärgern diese Alibi-Schlagzeuger, die ein minimalistisches elektronisches „Schlagzeug“ vor sich stehen haben und so tun, als würden sie etwas zum Klangbild beitragen. Wobei es manchmal schon – unfreiwillig – komisch ist. Wenn beispielsweise ein Drumstick bricht und der „Schlagzeuger“ erst einmal sekundenlang auf den Rest des Sticks in seiner Hand starrt, ohne das sich das Gehörte ändert. Sollte man dies als Konzertbesucher einzig als Show-Element betrachten?

    Video-Installationen sind so eine Sache. Vielleicht habe ich dafür einfach keinen Sinn, aber mir fehlt meistens eine Symbiose aus Musik und Filmischem. So vermochte es bisher nur eine einzige Band (Neurosis) mir durch das Zusammenspiel von Klang und Visuellem nachhaltig im Gedächtnis zu bleiben. Und dabei handelt es sich nicht einmal um eine elektronische Band.

    1. Also Job Karma bieten auch eine solche Symbiose des Audiovisuellen – echt beeindruckend. Vielleicht kommen sie auch noch mal aufs WGT, da könntest Du sie Dir ansehen.

      Haha, der von Dir geschilderte Vorfall des kaputten Drumsticks ist gut. „Unfreiwillige Show“ würde ich das nennen ;). Schlimmer ist es noch, wenn bei komplett computerbetriebenen Bands irgendwas ausfällt – dann ist es vorbei, nix geht mehr. Man ist völlig aufgeschmissen als Musiker. Haben Freunde schon beobachtet bei „Weltenbrand“ in der Moritzbastei. Da wurde es dunkel auf der Bühne…peinlich, peinlich. Ohne Strom geht natürlich auch bei manch echten Instrumenten nichts mehr, aber man kann trotzdem besser improvisieren. Und ein guter Frontmann/-frau macht es so oder so aus.

      Danke Dir noch mal für die Infos zu Peter Hook vorab. Hast mich perfekt drauf vorbereitet: Interesse, aber nicht zu hohe Erwartungen geweckt – so war er dennoch eine Überraschung für mich.

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