11 Gründe, sich in Bäume zu verlieben

Zum Tag des Baumes

Kennt ihr jemanden, der keine Bäume mag? So einen Menschen kann und mag ich mir ja gar nicht vorstellen. Schon lange wollte ich einen Artikel über meine Baumliebe schreiben. Heute am 25. April ist nun der „Tag des Baumes“, der 1951 von den Vereinten Nationen festgelegt wurde. Gut so! Für alles mögliche und Dämliche gibt es einen Ehrentag – die Bäume haben sich ihren mehr als verdient. Leider wird es aus meiner Sicht immer wichtiger, auf sie und ihre Zauberkräfte hinzuweisen, weil viele sie als selbstverständlich hinnehmen oder den Bezug – wie überhaupt zur Natur – verloren haben. Dabei wäre ein Leben ohne Bäume nicht auszudenken. Menschen in der Wüste oder Tundra oder Arktis müssen zwar täglich damit klarkommen, aber ich will diese Erfahrung nicht unbedingt machen. Es gibt ja diesen Spruch: Wenn Bäume W-Lan ausstrahlen würden, würden wir überall Bäume pflanzen. Traurig, oder? Brauchen wir wirklich erst so einen Anreiz und ist ein Wald nicht besser als W-Lan? Definitivo!

„Bäume sind die schönste Verbindung zwischen Erde und Himmel.“ ??
© Hermann Lahm

Für mich sind mit Bäumen und Wäldern so viele Bereiche meines Geschmacks und meiner geliebten Wahrnehmung verbunden, sie flankieren aufs Angenehmste meine (Sinnes-)Welt, dass ich mir ein Leben ohne Bäume schlichtweg nicht vorstellen kann. Ich würde vielleicht sogar krank werden ohne Bäume. 😯 Ich bin damit aufgewachsen, war als Kind oft im Wald – allein oder mit meinen Eltern Pilze suchen. Wirklich jeden Tag erfreue ich mich an Bäumen und deshalb habe ich hier mal zusammengetragen, warum Bäume so wunderbare Lebewesen sind:

1. Bäume sind romantisch und mystisch

Zu diesen grünen, blättrigen Dingern mit ihren knochigen Holzarmen haben besonders wir Gruftis eine enge Beziehung – spätestens seit der Robert „A forest“ gesungen hat. Bands haben sich nach Bäumen benannt (And Also The Trees – fallen euch noch mehr ein?). Bäume sind einfach der Inbegriff des Dunkelromantischen und der tiefinnerlichen Sehnsucht. Im Wald wohnt das Mystische, die Hexen, der Grusel und manchmal sogar der Horror. Und war da nicht was mit „Gruftis haben einen Sarg und einen eingepflanzten Baum in ihrem Schlafzimmer stehen“. Letzteres würde ich gern mal sehen, bis dahin halte ich das nur für ein wohlgepflegtes Gerücht. Aber immerhin hängen wir uns Korkenzieherweide an die Decke oder dekorieren mit abgestorbenen Baumteilen unsere Wohnung. Und dann gibt es da noch den faszinierenden Tumblr „Goths Up Trees“, der alles zeigt, wofür mir hier die Worte fehlen.

2. Bäume sind kräftig und taff

Sie müssen mit allem klarkommen. Bäume stehen da so und können nicht weg. Laufende Bäume gibt es nur bei Tolkien. So mancher Baum hat sicher derartige Fantas(y)ien, die hätte ich auch, wenn ich jeden Tag den Abgasen, Dreck und Lärm von uns Menschen ausgesetzt wäre. Ich gehöre jetzt nicht zu den Baumumarmern (obwohl Millionen von Koalas nicht irren können…), aber ich habe mich schon oft in sie hineinversetzt. Wie muss das sein, wenn einem ständig jemand schlechten Geruch oder unangenehme Töne entgegen bläst? Oder in die Haut ritzt, gar an einem herumgeknabbert wird? Die halten das einfach aus, sie stehen es durch und lassen sich nichts anmerken. Und dann noch das Wetter: extreme Hitze und lange Trockenheit überleben nur die älteren, kräftigen Bäume. Die jüngeren gehen meist ein, wenn auch nicht direkt im selben Jahr, sondern sie sterben  erst 2-3 Jahre später langsam ab. Eine Baumjugend dauert 200-300 Jahre. Nur wenn ein Baum langsam wächst, wird er kräftig und alt. Eine Buche z.B. wird erst mit 80-100 Jahren geschlechtsreif. Wenn der Mutterbaum gefällt wird und durch das viele Licht der Jungbaum schneller wächst, ist das wie in der industriellen Tiermast: Qualität entsteht dadurch nicht. Also sind diese ‚gezüchteten‘ Bäume wesentlich anfälliger als so ein alter Baumgeselle, der z.B. im Wald steht.

3. Bäume sind immer für uns da

Bäume wirken immer so selbstlos auf mich. Als wären sie nur für uns und andere Lebewesen da: Schatten spenden, Früchte tragen, Landschaft verschönern, Wald bilden, Lande- und Nistplatz sein.

Ich bin die Wärme deines Herdes an kalten Winterabenden.
Ich bin der Schatten, der dich vor
der heißen Sommersonne beschirmt.
Meine Früchte und belebenden Getränke
stillen deinen Durst auf deiner Reise.
Ich bin der Balken, der dein Haus hält,
die Tür deiner Heimstatt,
das Bett, in dem du liegst und
das Spant, das dein Boot trägt.
Ich bin der Griff deiner Harke,
das Holz deiner Wiege und
die Hülle deines Sarges.

Unbekannt Schild an einem Baum in Madrid

4. Bäume sind soziale Wesen

Sonst würden sie ja auch nicht so gerne im Wald beieinander stehen, aber dank Peter Wohlleben und seinem wunderbarem Erklärbär-Buch „Das geheime Leben der Bäume“ wissen wir es sicher: Bäume in Wäldern haben ein „wood wide web“, das über Pilze funktioniert, mit deren Hilfe sie sich gegenseitig unterstützen und aushelfen in Notsituationen (Trockenheit oder Tierfraß z.B.). Auch wenn sich die Arten untereinander eigentlich nicht mögen, sind sie über ihre Wurzeln oder Pilze wald-weit miteinander vernetzt und überleben so im Verbund eines Waldes besser und länger als einzeln. Außerdem kommunizieren Bäume untereinander – über Düfte. Gut, das machen wir Menschen ja auch manchmal. 😉 Mehr erfahrt ihr in den Büchern oder YouTube-Dokus von und mit Peter Wohlleben – toller Typ!

5. Bäume sind heilig

Der Baum gehört zu den am weitesten verbreiteten Kultobjekten und religiösen Symbolen. Ob nun der Baum des Lebens in der Bibel oder in der nordischen Mythologie Yggdrasil, die Weltesche, die den gesamten Kosmos verkörpert. Der Baum steht eben für die Verbindung von Himmel und Erde, für Fruchtbarkeit und Schöpfung. Das schützte auch die Bäume, denn weil sie in vielen Religionen heilig waren und sind, durften sie nicht angerührt werden.

6. Bäume sind so schön groß …

… wie ich! 😉 Nur meistens etwas dicker. Aber diese betörenden Ausmaße sind schon der Wahnsinn. Ich habe noch keine Redwood Trees gesehen, dafür aber bereits 2.000 Jahre alte Kauri-Bäume in Neuseeland, die immer noch wachsen (Goth sei dank!). Was für Riesen, da können die Saurier einpacken. Man stelle sich mal vor, die wären so beweglich wie so ein Tyrannosaurus Rex, da würde ich mir dann doch lieber woanders Schatten suchen.

7. Bäume können heilen und töten

Wo wir gerade dabei sind … aber ich möchte zunächst nur ein paar Heilkräfte von Bäumen nennen: Lindenblüten bei Fieber, Holunder ist ein Allround-Talent und alles vom Holunderbaum kann gut verwendet werden z.B. bei Erkältungen, Birkenblättertee wirkt entgiftend und stoffwechselanregend, Rosskastanie hilft bei Krampfadern und schweren Beinen usw.
Hingegen braucht man nur 2-3 Beeren der Eibe zu essen und ist nach qualvollen anderthalb Stunden tot. Und sie ist nicht nur für Menschen tödlich, sondern auch für Pferde, Hunde, Katzen und alles dazwischen bis runter zur Spitzmaus.

8. Bäume sind dekorativ

… und müssen – nicht nur bei mir – ständig für Instagram-Fotos herhalten. Ich bevorzuge den Blick nach oben in die Baumkrone, eng an den Stamm gelehnt. Oder pittoresker Single-Baum auf Wiese. Selbst wenn ein Foto oder Ausschnitt mal nichts hergibt, zack Baum mit drauf und schon passt’s!

Auch daheim, ob lebendig als Palme oder Feigenbaum im Garten oder als Totholz – Bäume machen immer eine gute Figur. Es gibt nur einen Baum, den ich nicht so sonderlich hübsch finde und das sind Araukarien. Mittlerweile sieht man sie hier in Deutschland auch öfters mal in Vorgärten, in meinem Mainzer Stadtteil sogar recht gehäuft, aber zum ersten Mal sah ich sie in Neuseeland und taufte sie auf „missglückte Weihnachtsbaum-Steckverbindung“. Zugegeben, kein griffiger Name, aber sie erinnert mich an einen künstlich zusammengesteckten Baum. Und die Ceiba ist auch keine Schönheit, noch dazu lässt sie sich schlecht umarmen – es sei denn, man steht auf Schmerzen. Sie hat am gesamten Stamm spitze, dicke Dornen. Aber sowohl die Araukarie als auch die Ceiba sind faszinierende Baumtypen, angepasst auf ihre Umwelt. Schönheit ist ja nicht alles.

9. Bäume sind vielfältig

Wie viele Baumarten es auf der Welt gibt, kann niemand genau sagen – aber es sind mehrere Zehntausend, irgendwo habe ich was von über 60.000 gelesen. Die fünf häufigsten Baumarten in Deutschland sind mit 26% die Fichten (angesiedelt wegen ihres schnellen Wuchses und Holzes, eigentlich nicht heimisch hier), gefolgt von den Kiefern mit 23%, der Buche mit 16%, der Eiche mit 9% und der Birke mit 4%. (Quelle: Waldwissen)

Meine Lieblingsbäume sind:

  • Eiche
  • Trauerweide
  • Kastanie
  • Linde
  • Magnolie
  • Blutbuche
  • Atlas- und Himalaja-Zeder
  • sämtliche Obstbäume

und Birken irgendwie auch… 🙂

 

 

10. Bäume sind letzte Ruhestätte

Ich habe schon von vielen gehört, dass sie sich ein Baumgrab wünschen, in einem Friedwald begraben werden wollen. Irgendwie ist das eine schöne Vorstellung, dass man mit seinem Gebein oder Asche die Wurzeln eines Baumes nährt und so wieder in den ewigen Kreislauf kommt. Bäume wirken auch beschützend und man kann sich oft seinen Lieblingsbaum als letzte Ruhestätte aussuchen. Meine Mama ruht zum Beispiel unter eine Birke und das nicht ohne Grund.

Zudem sind Friedhöfe ohne Bäume nur eine bloße Ansammlung von Steinen.

 

11. Bäume sind Volksseele

So würde ich es ausdrucken. Nicht nur wir Deutschen haben eine mit Bäumen durchzogene Kulturgeschichte, wir haben den Begriff der „deutschen Eiche“, Goethes „Erlkönig“ und in der deutschen Romantik standen Bäume und Wald sehr dicht im Vordergrund. Die Deutschen sind sehnsüchtig-melancholisch eng verbunden mit Bäumen, wir gehören einfach zusammen. Aber auch in einigen anderen Nationen sind Bäume eng mit den Traditionen und dem Lebensgefühl ihrer Einwohner verwoben. Bei Russland zum Beispiel denke ich an endlose Birkenwälder (wie in den Märchen mit der Hexe Baba Jaga ;)), es ist überhaupt das waldreichste Land der Erde. Bei Italien sehe ich die Toskana mit Zypressen und Pinien vor mir.

In jedem Baum wohnt ein Geist und sein Wohlergehen zu beeinträchtigen, belastet die Stätte mit Unglück.

Aus Asien

Ich finde, heute wird viel zu leichtsinnig mit dem Leben von Bäumen umgegangen. Ein Drittel der Landfläche der Erde ist zwar noch mit Wald bedeckt, aber bereits 300 Baumarten sind akut vom Aussterben bedroht. Das Vernichten von jahrhundertealtem Leben beginnt mancherorts vor der Haustür, wo Bäume gefällt werden, weil sie entweder „zu viel Dreck abwerfen“ (= ihre Früchte) und damit zu pflegeintensiv sind, also irgendein Spießer den Gehweg säubern muss. Oder weil unsere Architekten und Wohnungsplaner in den allermeisten Fällen nicht in der Lage sind, alten Baumbestand in die Bebauungsplanung zu integrieren. Dann wird rücksichtslos alles abgeholzt, was da schon Jahrzehnte wächst und statt der großen Alten werden dann diese jungen Alibi-Bäumchen hingepflanzt, die irgendeine Bauauflage oder einen grünen Städtebau-Paragraphen befriedigen sollen und frühestens in 30 Jahren für irgendwas gut sind. Im großen Stil werden Wälder abgeholzt für die Industrie, sei es nun für Sojaanbau als Tierfutter (was ja auch voll schizo ist: wir vernichten Pflanzen, um andere Pflanzen anzubauen, damit wir etwas essen können, was viel weniger nahrhaft ist – hinsichtlich Eiweiß – als sein Futter) oder als Nutzholz, wofür es sicher in manchen Bereichen auch Alternativen gäbe. Zum Beispiel sind wir x Jahre nach Erfindung des ersten Computers vom papierlosen Büro noch immer soweit entfernt wie vom papierlosen Klo.

Zum Abschluss noch ein Schlager mit Tiefgang von 1968 – dieses Stück von Alexandra „Mein Freund der Baum ist tot“ geht mir richtig an die Nieren …

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Nachdem ihr jetzt den Kloß im Hals runtergeschluckt habt, verratet mir doch bitte per Kommentar: Wie ist Eure Beziehung zu Bäumen? Was sind Eure Lieblingsbäume? Und kennt ihr noch mehr Goth-Bands mit Baumnamen oder Baumsongs? Ich habe da doch weniger gefunden als ich dachte…

 

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19 Kommentare zu „11 Gründe, sich in Bäume zu verlieben“

  1. Vielen Dank für diesen Beitrag zum Thema Bäume. Meine Urgroßmutter ist letzte Woche gestorben und sie wollte ebenfalls immer in einem Friedwald beerdigt werden. Ich finde die Vorstellung auch sehr schön einen Baum mit seiner Lebensenergie weiter zu versorgen. Ich denke ich möchte auch so ruhen.

    1. Hallo Nossi,
      sorry für die späte Antwort. Ich habe mir Dein Video angesehen und es ist schön finster. Du hast recht: die Bäume verleihen ihm noch mehr Düsternis. Rumble kannte ich noch gar nicht. 😉
      Liebe Grusels
      Shan Dark

  2. Bei schätzungsweise sechzigtausend verschiedenen Baumarten ist es schade, dass man als einzelner Mensch wohl nie alle Arten innerhalb einer Lebenszeit bestaunen kann. Doch immerhin gibt es in unserer Gegend zahlreiche Alleen, in denen ich liebend gerne an einem Nachmittag spazieren gehe. Damit diese Alleen auch zukünftig so schön und eine echte Attraktion bleiben, ist eine regelmäßige Baumpflege sehr wichtig.

    1. Frieder Monzer

      Liebe Verena, hallo alle,
      ich kann meine Anregung unten nur nochmals wiederholen:
      macht mit in Organisationen zum Schutz von Klima und Biodiversität!
      Beste Grüße

  3. @HEXE: Tatsächlich ein schöner Text vom Kurt Tucholsky, den ich auch sehr gern mag. Hätte man mich vorher gefragt, hätte ich gesagt, dass Birkenblätter flirren, aber das hat Kurt gut widerlegt. Und jetzt finde ich es auch schwierig, dafür ein Wort zu finden. Bei den Birken ist es eben etwas anderes, das stimmt. Vielleicht tanzen sie wie Marionetten, die nur am Kopf an einem dünnen Faden aufgehangen sind?

    Jedenfalls Danke dafür!

  4. @HEXE: Herzlichen Dank für diesen Text, den ich davor nicht kannte. Die Suche nach jenem Wort ist wie die Suche nach Antworten auf metaphysische Fragen. Aber auch das Kreisen um dieses Wort und die Beschreibungen auf dessen Suche drücken die Begeisterung auf so eine schöne Art aus.

    @Shan Dark: Dir danke ich ebenfalls, Dein wunderbarer Eintrag hat einen weiteren inspirierenden Austausch angeregt.

  5. Kurt Tucholsky (1929)

    Mir fehlt ein Wort

    Ich werde ins Grab sinken, ohne zu wissen, was die Birkenblätter tun. Ich weiß es, aber ich kann es nicht sagen. Der Wind weht durch die jungen Birken; ihre Blätter zittern so schnell, hin und her, daß sie… was? Flirren? Nein, auf ihnen flirrt das Licht; man kann vielleicht allenfalls sagen: die Blätter flimmern – aber es ist nicht das. Es ist eine nervöse Bewegung, aber was ist es? Wie sagt man das? Was man nicht sagen kann, bleibt unerlöst – ›besprechen‹ hat eine tiefe Bedeutung. Steht bei Goethe ›Blattgeriesel‹? Ich mag nicht aufstehen, es ist so weit bis zu diesen Bänden, vier Meter und hundert Jahre. Was tun die Birkenblätter –?

    (Chor): »Ihre Sorgen möchten wir… Hat man je so etwas … Die Arbeiterbewegung… macht sich da niedlich mit der deutschen Sprache, die er nicht halb so gut schreibt wie unser Hans Grimm …« Antenne geerdet, aus.

    Ich weiß: darauf kommt es nicht an; die Gesinnung ist die Hauptsache; nur dem sozialen Roman gehört die Zukunft; und das Zeitdokument – o, ich habe meine Vokabeln gut gelernt. Aber ich will euch mal was sagen:

    Wenn Upton Sinclair nun auch noch ein guter Schriftsteller wäre, dann wäre unsrer Sache sehr gedient. Wenn die pazifistischen Theaterstücke nun auch noch prägnant geschrieben wären, daß sich die Sätze einhämmern, dann hätte unsre Sache den Vorteil davon. Sprache ist eine Waffe. Haltet sie scharf. Wer schludert, der sei verlacht, für und für. Wer aus Zeitungswörtern und Versammlungssätzen seines dahinlabert, der sei ausgewischt, immerdar. Lest dazu das Kapitel über die deutsche Sprache in Alfons Goldschmidts ›Deutschland heute‹. Wie so vieles, ist da auch dieses zu Ende gesagt.

    Was tun die Birkenblätter –? Nur die Blätter der Birke tun dies; bei den andren Bäumen bewegen sie sich im Winde, zittern, rascheln, die Äste schwanken, mir fehlt kein Synonym, ich habe sie alle. Aber bei den Birken, da ist es etwas andres, das sind weibliche Bäume – merkwürdig, wie wir dann, wenn wir nicht mehr weiterkönnen, immer versuchen, der Sache mit einem Vergleich beizukommen; es hat ja eine ganze österreichische Dichterschule gegeben, die nur damit arbeitete, daß sie Eindrücke des Ohres in die Gesichtsphäre versetzte und Geruchsimpressionen ins Musikalische – es ist ein amüsantes Gesellschaftsspiel gewesen, und manche haben es Lyrik genannt. Was tun die Birkenblätter? Während ich dies schreibe, stehe ich alle vier Zeilen auf und sehe nach, was sie tun. Sie tun es. Ich werde dahingehen und es nicht gesagt haben.

    ( Text aus ‚Projekt Gutenberg‘ )

  6. @Bibi Blue: Danke Dir für die fast schon poetische schöne Ergänzung – das Blätterrauschen ist tatsächlich ein wichtiger, weiterer Grund, Bäume zu lieben. Wirklich sehr entspannend und wie Musik.

    @Frieder: Knarren könnte nerven, ja, aber nur beim Einschlafen. 😉

  7. Besonders in den slowakischen Mittelgebirgen sind mir hin und wieder (offenbar gesunde) knarrende Bäume aufgefallen. Richtig gruftig. Würde aber beim Camping an solchen Stellen wohl nerven.

  8. 12. Windrauschen

    Neben wunderschönen Lichtspielen und betörendem Duft ist das Windrauschen ein Grund, mich von Bäumen verzaubern zu lassen. Abgesehen von den wunderschönen Bewegungen der Bäume im Wind, durch die ich auch die Luftbewegung auf eine besonders schöne Art wahrnehme, ist das Windrauschen eines der besänftigendsten und gleichzeitig energieaufladenden Ereignisse.
    Ich liebe es zu beobachten und zu lauschen, wie sich Bäume im Wind bewegen, insbesondere Birken. Der Stamm wackelt langsam, die Äste etwas schneller, je dünner desto schneller, und die Blätter flattern ganz flott während sie in einer anderen Geschwindigkeit mit den Ästen zusammen schaukeln. Und all das ändert sich bei jedem Windschwung oder Brise. Und ab und zu wird es still. Das ist schöner als jede Symphonie.

  9. Ich weigere mich, eine Hitliste festzulegen, denn gerade die Vielfalt macht die Natur. Allerdings assoziiere ich bestimmte Bäume mit bestimmten Landschaften: Die Walnuss mit Moldova (dort muss am Ende der Sowjetzeit eine große Baumpflanzaktion stattgefunden haben, an gefühlt der Hälfte aller Kilometer von der Schnellstraße bis zum Feldweg stehen etwa 40 Jahre alte Nussbäume), die Vogelbeere mit dem Erzgebirge, die Birke, die Kiefer, die Zeder, die Kirsche, … da hab ich immer gleich konkrete Bilder im Hirn.

    Übrigens 1: Wohlleben ist nicht unumstritten, unter anderem soll er zeitweise viel ohne Quellenangabe abgeschrieben haben.

    Übrigens 2: Wenn sich jemand für Alleenschutz (ganz egal wo in Deutschland) engagieren will, dem empfehle ich einen Kontakt zu Katharina Dujesiefken vom B.U.N.D. Meck-Pomm.

    Ich wünsche Euch einen schönen Start in den Sommer!

    1. Hallo Frieder,
      danke Dir für Deine Gedanken und Tipps dazu. Und ja, das Erzgebirge ist bei mir auch mit dem Vuglbeerbaam verbunden; aber irgendwie auch mit Fichten und sonstigem gutem Holz zum Drechseln. Und in Moldawien waren sie wohl clever genug, frühzeitig einen Business-Plan zu entwickeln. Heute kommen z.B. die Walnüsse von dm-BIO aus Moldawien. 😉
      Wünsche Dir auch einen tollen Sommer – es geht ja gut los!
      Liebe Grusels
      Shan Dark

  10. Danke Euch, Helleborus, Hexe und Ogami – fürs Teilen der Liebe zur Natur und zu Bäumen im Speziellen, auch fürs an-mich-denken (ich denke „zurück“, liebe Hexe) und für das schöne Stück „Baum der Erlösung“ – gefällt mir sehr gut! Hab ich mir gleich paar mal hintereinander angehört. Merci 🙂

    Sequoias sind wirklich GROSSartig, die hatte ich gar nicht so auf dem Schirm. Aber schöne Bäume, in der Tat.

    Schwarzpappeln – nun diese Pappel-Art sieht ganz gut aus, wenn sie sehr knorpelig wächst, ich kann also deine Vorliebe nachvollziehen, besonders in Mondnächten. Ich persönlich bin aber gar nicht so der Pappel-Liebhaber, vllt. auch zu stark beeinflusst durch M.Synthetic, der sie aus schreinerischer Perspektive gar nicht mag, weil zu weiches Holz. Ich mag auch eher Bäume, die ausladende Kronen haben, Pappeln sind ja zumeist sehr schmalwüchsig. Aber wenn sie alt sind und eben als Schwarzpappel sehen sie sicher anders aus. Ich hoffe, dass Deine alte Pappel auf dem Weg nach Ammelshain noch immer steht und noch viele Jahr vor sich haben wird.

    Im Pfingstgeflüster gab es mal eine schöne Geschichte. Da wurde der Weltenlauf aus der Sicht einer uralten Ulme, die 3.000 Jahre alt war, betrachtet. Wenn Du so alt bist, dann kratzt dich nichts mehr, dann hat man schon alles gesehen, kennt die Kreisläufe und die stete Wiederkehr. Die Menschen wurden von der Ulme als Lebewesen betrachtet, die auf der Erde sind um sie zu erhitzen (als Beschleuniger), damit das Klima kippt und als nächstes wieder eine Eiszeit einbrechen kann. Interessante Sichtweise mit viel Wahrheit darin. Das ist so in etwa die klimatöse Zukunft, die ich auch voraussehe. Auch wenn ich keine Ulme bin 😛 aber ihre entspannte Einstellung zu „dieser vorübergehenden Erscheinung Mensch“ hat mir gut gefallen.

    Das mit den fehlenden Bäumen auf alten Holzstichen ist mir noch nicht aufgefallen. Muss ich mal drauf achten, danke für den Tipp / Info.

  11. Eben kommen Jörg und ich von einem ausgiebigen Waldspaziergang zurück. Es ist wunderschön den Wald zu erleben, das helle intensive Grün der Blätter durchdrungen vom Sonnenlicht, der Gesang der Vögel im Geäst und die zahlreichen Gerüche , das Klopfen des Spechtes am Baumstamm.

    Ich hatte gestern Deinen Text mit Freude gelesen und musste daher an Dich denken.
    Ich freue mich Leute zu kennen die meine Liebe zu Wald und Bäumen, zu Kräutern, Blumen, überhaupt zur Natur insgesamt teilen.

    1. Kommentar zu Punkt 11 ,,Bäume sind Volksseele“:
      In Deutschland ist man verpflichtet den zu seinem Grundstück gehörigen Gehweg zu säubern, da der Besitzer*innen des Grundstückes sonst bei Verletzungen von beispielsweise ausrutschenden Spaziergänger*innen zur Haftung gezogen werden kann.
      Hab dich trotzdem lieb
      danke für den Artikel
      Bussi<3

  12. Mystisch für mich sind Pyramidenpappeln (Populus nigra), und daß sie eben Schwarz-Pappeln heißen wußte ich lange nicht. Doch sehen diese Bäume des nachts aus wie Monumente, wie riesige Obelisken. Vor allem wenn sie belaubt sind wirken sie dann wie eine massive schwarze Säule. Wenn ein Baum gotisch ist, dann dieser. Die Trauerweide ist damit verglichen schön schwarzromantisch, hat aber nachts nicht so eine düstere feierliche Wucht wie eine freistehende Pyramidenpappel.

    Nahe Leipzig an der Landstraße zwischen Liebertwolkwitz und Fuchshain, wo sich die Gerinne Pösgraben und Schaukelgraben vereinigen, steht so eine große alte Pappel. An ihr kam ich oft vorbei wenn ich lange nacht Mitternacht von irgendeinem Leipziger Lokal wieder nach Ammelshain radelte. Von weitem schon auf dem flachen Lande sah ich den hohen schwarzen Obelisken und es war als hielte er Wache.

    Viele Jahre her ist es, daß ich so radelte, und ich hoffe sehr, daß dieser gotische Baum von keinem Sturm und keiner Motorsäge gefällt wurde und dort noch wacht.

    Wenn man alte Stiche sieht, Ansichten von Burgen oder (damals noch kompakten) Städten, dann fällt das Fehlen der Bäume auf. Holz wurde überall dringend gebraucht, als Baumaterial, Brennstoff und Ausgangsstoff z.B. für Glas und Eisen.

    Aus Wikipedia: „Im Jahr 1820 arbeiteten um Schmalkalden und Brotterode elf Schmelzwerke, 14 Eisen- und 12 Stahlhämmer, die jährlich 2.500 t Eisen- und Stahlwaren erzeugten. Sie verbrauchten dabei um 1800 etwa 86.000, um 1820 immerhin noch 65.000 Festmeter Holz in Form von Holzkohle und Scheithölzern. Dies bedeutete eine fortgesetzen Raubbau an den Wäldern.“

    Darum sah man auf den genannten Stichen Landschaften mit Bäumen am Straßenrand deren Reihe fast am Horizont verschwand. Kein Wald verdeckte diese Baumreihen. Oft waren es Pyramidenpappeln.

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