Der Friedhof von Sleepy Hollow

Naherholungsgebiete für den Gruftie von Welt in der Nähe von New York City

Ein Gastbeitrag von Roman

Wie ja früher schon kolportiert, wohne ich seit einiger Zeit beruflich bedingt gegenüber von Manhattan. Als ich hier ankam, mich einlebte und entsprechend mit dem Auto durch die Gegend fuhr, weckte ein Schild am Highway – ca. 40 km nördlich von New York – meine Aufmerksamkeit: es wies nach Sleepy Hollow. Moment, da hab ich doch mal den Film mit Johnny Depp gesehen, sehr creepy. Gibt es da irgendeinen Zusammenhang?

Mittlerweile weiß ich, dass fast jeder einigermaßen gebildete und halloween-begeisterte Amerikaner die Legende von Sleepy Hollow kennt. Die Geschichte um einen kopflosen Hessen (ja, auch hier drüben machen die Jungs Probleme… just kidding ;-)), der eine entscheidende Rolle in der Buhlerei zweier Männer um die Hand einer reichen Farmerstochter spielt. Die Sage geht wohl auf eine deutsch-holländische Erzählung zurück, die offenbar von frühen Einwanderern aus Europa in die Gegend um Tarrytown (NY) gebracht wurde.

Sleepy-Hollow-Washington-Irving

Washington Irving (er ist im Übrigen auch dort begraben) hat diese aufgegriffen und mit seiner 16-seitigen Kurzgeschichte Die Sage von der schläfrigen Schlucht (Originaltitel: The Legend of Sleepy Hollow) aus dem Jahr 1820 populär gemacht. Er verwendete für seine Kurzgeschichte teilweise lokale Charaktere, die auch auf dem kleinen zur „Old Dutch Church“ gehörenden Friedhof, der bis ins 17. Jhd. zurück reicht und dem 36 Hektar großen Sleepy Hollow-Friedhof vorgelagert ist, begraben sind. Das gab der Geschichte einen sehr realistischen Touch.

Der Friedhof von Sleepy Hollow wurde 1849 als Tarrytown Cemetery gegründet, aber zu Ehren Washington Irvings nach dessen Tod in Sleepy Hollow Cemetery umbenannt.

Sleepy-Hollow-Friedhof-cemetary
Come in, if you dare...

 

Nun denn, den Ort Sleepy Hollow gibt es also tatsächlich. Kurz darauf bin ich auf einen Photoworkshop gestoßen, der auf dem Friedhof von besagtem Städtchen stattfinden sollte. Cool. Habe ich natürlich gleich gebucht! So etwas wäre ja bei unseren Katholiken nicht ohne weiteres möglich. Aber nicht so im Land der unbegrenzten Seltsamkeiten. Hier werden offenbar viele Gottesacker als sich selbsttragende Organisationen betrieben. Das bedeutet zum einen, dass oft die Konfession keine Rolle spielt und sich hier jeder zur letzten Ruhe legen kann, der die Miete bezahlt. Zum anderen – und das war mir neu – wohl auch manche Betreiber regelrechte Marketingveranstaltungen aufziehen, mit BBQ und Picknick zwischen Grabsteinen etc.

So also auch die Jungs und Mädels vom Sleepy Hollow Cemetery. Neben den besagten Photoworkshops bietet man auch Laternenführungen bei Nacht an und man kann sich natürlich auch auf eigene Faust während der Öffnungszeiten ungehindert dort bewegen (Tore schließen am späten Nachmittag).

sleepy-hollow-friedhof

Die Anlage macht den Anschein eines großen Parks mit Hügeln und gewundenen Wegen und Pfaden. Beeindruckende Mausoleen wechseln sich mit mehr oder weniger großen Grabmonumenten ab. Dazwischen gibt es viel Vegetation. Das Schöne an den amerikanischen Friedhöfen ist generell, dass die Gräber nicht eingefasst sind. Es gibt zwar hin und wieder von Ketten oder Eisenstangen umgrenzte Familiengräber, diese sind aber sehr niedrig und es ist kein Vergehen, wenn man einfach drüber steigt und sich das Grab aus der Nähe anschaut. Ist eben alles Wiese und nicht wie bei uns Blumenerde auf den Gräbern. Das bedeutet auch, dass die meisten Gräber nicht „gepflegt“ sind. Sie besitzen keinen Blumenschmuck und die Grabsteine lassen der Gravitation ihren Willen und stehen somit oft herrlich windschief.

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die Calla Lilie – Symbol für majestätische Schönheit

Durch den Fakt, dass Gläubige vieler Religionen aber auch Agnostiker dort bestattet sind, gibt es viele Details an den Monumenten zu entdecken die nicht so alltäglich sind. Eine Freude für jeden Symbolismus-Fan.

Ich habe dann ein paar Monate später – im Frühjahr 2011 – noch ein weiteres  Photoseminar auf dem Sleepy Hollow Friedhof besucht: diesmal ging es um Nachtfotografie. Sobald also das Tageslicht gewichen war und der volle Mond herauskam sind wir, die inspirierten Photoadepten, in die friedliche Nacht aufgebrochen – auf der Suche nach den spannendsten, unheimlichsten und beeindruckendsten Motiven. Das Zusammenspiel zwischen dem natürlichen Mondlicht und dem bei manchen Shots künstlich addierten Laternen oder Taschenlampenlicht ließ der dunklen Fantasie freien Lauf. Es war wirklich super beeindruckend! Sicher nichts für leicht ängstliche Menschen, ich fand es allerdings sehr inspirierend und spannend. Und dazugelernt habe ich auch.

sleepy-hollow-friedhof-bei-nacht
Der Friedhof von Sleepy Hollow im Mondlicht - creeeeepy!!!

Es sind trotz der schaurigen Atmosphäre keine Geister oder sonstige übernatürlichen Wesen erschienen. Aber die Veranstalter haben dann doch noch den kopflosen Reiter „gerufen“. A bisserl kitschig, ok, aber zumindest halbwegs stilvoll.

sleepy-hollow-kopfloser-reiter
So sehen Hessen aus in Sleepy Hollow - HEADS WILL ROLL!

 

Es bleibt zu bemerken, dass der Ort Sleepy Hollow außer der Legende und dem wirklich sehenswerten Friedhof nicht sehr viel mehr zu bieten hat. Allerdings macht die relative Nähe zu New York City einen Ausflug dorthin definitiv lohnenswert. Von Manhattan schafft man es mit dem Auto in 30min – je nach Verkehrslage.

Falls Ihr weitere Impressionen vom Sleepy Hollow Friedhof sehen wollt, findet ihr hier bei Flickr meine Fotos vom Friedhof bei Tag und bei Nacht.

Allgemeine Info zum Friedhof gibt es auf der offiziellen Webseite:  http://sleepyhollowcemetery.org/

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Wo befindet sich der Ort Sleepy Hollow und der Friedhof?

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Ergänzung von Shan Dark: Es gibt übrigens noch einen weiteren Sleepy Hollow Cemetery in den USA – auch an der Ostküste, aber weiter oben im Bundesstaat Massachusetts in der Stadt Concord. Die nächstgrößere Stadt ist Boston. Auf diesem ebenfalls Sleepy Hollow benannten Friedhof sind viele namhafte amerikanische Autoren und Poeten begraben, wie z.B. Nathaniel Hawthorne, Henry David Thoreau oder Ralph Waldo Emerson. Deshalb wird dieser Friedhof auch „Author’s Ridge“ genannt. Mit der Legende von Sleepy Hollow hat er jedoch nichts zu tun.

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4 Kommentare zu „Der Friedhof von Sleepy Hollow“

  1. Interessant, ich wusste gar nicht, dass es diese Stadt wirklich gibt.
    Schöne Fotos und alte Grabsteine. Aber die Kippsicherheit von Grabsteinen war damals beim Bau wohl noch kein Thema.

  2. r@zorbla.de

    Haaa!!! Als Hesse spitz ich dann schonmal meine Zähne an. Hat jemand ein Pferd für mich?

    … Wie auch immer: Wieder was gelernt. Der Schwarze Planet ist steter Quell von neuem schrägen Zeugs. Nachschub nicht stoppen 🙂

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